Am Mittelmeer gibt es außer Strand und Sonne auch hervorragendes Essen – und das gilt im Hinblick auf Geschmack und Gesundheit. Dass eine Ernährung ohne Kalorienbeschränkung mit frischem Gemüse, Obst, Fisch und Meeresfrüchten, angereichert mit Olivenöl oder Nüssen, kardiovaskuläre Risiken um 30% verringert, haben spanische Forscher jetzt eindrucksvoll bewiesen: In einer großen Studie mit kardiovaskulären Endpunkten schnitt eine Interventionsdiät mit Nüssen oder besonders viel Olivenöl bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren deutlich besser ab als eine herkömmliche Diät mit reduzierter Fettaufnahme.
„Wir haben beobachtet, dass eine Mittelmeerdiät mit unbegrenzter Energieaufnahme, angereichert mit Olivenöl oder Nüssen, bei Hochrisiko-Patienten eine substantielle Reduktion des Risikos für gravierende kardiovaskuläre Ereignisse bewirkt“, schreiben die Autoren um Dr. Ramón Estruch, Hospital Clinic, University of Barcelona, in der Online-Ausgabe des Artikels im New England Journal of Medicine [1]. „Die Ergebnisse unserer Studie könnten zumindest teilweise erklären, warum die kardiovaskuläre Mortalität in mediterranen Ländern verglichen mit nordeuropäischen Ländern und den USA so gering ist.“
„Auf alle Fälle wird diese Studie bei künftigen Ernährungsempfehlungen eine große Rolle spielen“, sagt Prof. Dr. Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber Medscape Deutschland.
PREDIMED: Olivenöl und Nüsse schlagen fettreduzierte Kost
Diese zentralen Ergebnisse der PREDIMED Studie (Prevención con Dieta Mediterránea), die als primären Endpunkt Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod aufgrund von kardiovaskulären Ereignissen in drei Studiengruppen mit unterschiedlicher Diät untersuchte, unterstreichen das Potenzial der Mittelmeerdiät bei der Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bisher galt diese Ernährung bereits als hervorragende Sekundärprävention. „Diese Ergebnisse unterstreichen die positiven Auswirkungen der Mittelmeerdiät hinsichtlich einer Reduzierung des kardiovaskulären Risikos“, sagen Estruch und Kollegen.
„Eine wirklich wichtige, große und lange Interventionsstudie mit beeindruckenden Ergebnissen“, lobt Boeing. „Zwei Lebensmittel, Nüsse und Olivenöl, haben gegenüber einer normalen fettarmen Kost den entscheidenden Benefit gezeigt im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko.“
Estruch und seine Forschergruppe haben 7.447 Personen (55 bis 80 Jahre alt) ohne Herz-Kreislauf-Krankheiten zu Studienbeginn, jedoch mit hohem kardiovaskulärem Risiko, untersucht. Die Teilnehmer wurden einer von 3 Diätgruppen zugeteilt:
- Mittelmeerdiät, angereichert mit extra-virgin Olivenöl
- Mittelmeerdiät, angereichert mit gemischten Nüssen (Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln)
- Kontrolldiät mit der Anweisung, Fett zu reduzieren
Ein Endpunkt-Ereignis erlitten insgesamt 288 Teilnehmer; 96 (3,8%) in der Mittelmeerdiät-Gruppe mit Olivenöl, 83 (3,4%) in der Mittelmeerdiät-Gruppe mit Nüssen und 109 (4,4%) in der Kontrollgruppe. Damit waren die Unterschiede beider Interventionsgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant. Die Studie wurde nach einem mittleren Follow-up von 4,8 Jahren beendet, dies aufgrund des positiven Effekts der Mittelmeerdiät im Hinblick auf den primären kardiovaskulären Endpunkt.
Ergebnisse auch außerhalb des Mittelmeerraums relevant?
Die Autoren sind sich allerdings nicht sicher, ob ihre Ergebnisse auf die nordeuropäische und US-amerikanische Bevölkerung und auf Personen mit geringerem kardiovaskulärem Risiko übertragbar sind. „Das müsste weiter untersucht werden“, merken sie an. Boeing ist weniger skeptisch: „Auch bei uns werden Olivenöl und Nüsse verzehrt; allerdings wurden letztere bisher in die Diskussion um gesundes Essen noch nicht so stark einbezogen.“ Was auch in Deutschland schon funktioniere, sei ein Austausch von tierischen mit pflanzlichen Fetten, etwa Olivenöl, das reich an „guten“ ungesättigten Fettsäuren ist.
Neben der Fettqualität seien sicherlich auch die anderen „guten“ Bestandteile von Nüssen, etwa Alpha-Linolensäure in Walnüssenverantwortlich für die hohe Reduktion des kardiovaskulären Risikos von 30%, meint er.
Studie beeinflusst Ernährungsempfehlungen
Ob die Mittelmeerdiät im Allgemeinen durchweg empfehlenswert sei, wisse er nicht. „Komponenten dieser Diät wie Gemüse, Obst und Fisch werden auch bei uns empfohlen und verzehrt, neben ballaststoffreichem Getreide, das in Südeuropa weniger auf dem Speiseplan steht, aber nachweislich positive Effekte hat.“ Unterschiede bestünden auch hinsichtlich des Konsums von Milchprodukten. In Deutschland und anderen nord- und mitteleuropäischen Ländern werden diese empfohlen, im Mittelmeerraum spielen Milch und Joghurt eine eher geringe Rolle.
„In jeder Esskultur gibt es positive wie negative Seiten. Vielleicht wäre eine Kombination aus den positiven Komponenten der nordeuropäischen und der Mittelmeerdiät der beste Weg, Herz-Kreislauf-Krankheiten vorzubeugen“, sagt Boeing.
Änderungen von Ernährungsempfehlungen gehen auf deutscher Ebene von Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus, die ihre Richtlinien regelmäßig überarbeitet. Relevant sind die Ergebnisse aber auch für Leitlinien etwa der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardioloy ESC).