Die weltweit erste randomisierte klinische Studie, die die Wirksamkeit einer Spenderstuhlinfusion zur Behandlung wiederkehrender Clostridium-difficile-Infektionen prüfte, wurde vorzeitig abgebrochen. Der Grund: Die Stuhlinfusion war dreifach wirksamer als die Gabe von Antibiotika. Dies geht aus einem am 16. Januar 2013 in der Zeitschrift New England Journal of Medicine veröffentlichten Artikel hervor [1].
Dr. Els van Nood und sein Team von der Abteilung für Innere Medizin des Academic Medical Center an der Universität Amsterdam, Niederlande, hatten 43 Patienten mit wiederkehrender C.-difficile-Infektion randomisiert einer von 3 Behandlungsformen zugeteilt:

- Standardtherapie über 14 Tage mit 500 mg Vancomycin viermal täglich;
- Standardtherapie mit Vancomycin wie die erste Gruppe, jedoch erfolgte zusätzlich eine Darmspülung;
- 500 mg Vancomycin 4 x täglich über 4 Tage hinweg, gefolgt von einer Darmspülung und einer anschließenden Spenderstuhlinfusion über eine nasoduodenale Sonde.
Wegen Erfolg vorzeitig abgebrochen
In diese Studie sollten ursprünglich 80 Patienten aufgenommen werden. Das Komitee für Datensicherheit und Monitoring ordnete aus ethischen Gründen allerdings einen vorzeitigen Studienabbruch an. Eine Zwischenanalyse zu den ersten 43 Patienten hatte eindeutig die Überlegenheit der Stuhlinfusion belegt. Als Anhaltspunkt dafür gilt ein statistischer Grenzwert. Danach sollten Studien abgebrochen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit einer rein zufälligen Wirkung kleiner 1:1.000 ist.
Insgesamt waren 94% von den 16 Patienten aus der Infusionsgruppe C.-difficile-frei und blieben 10 Wochen ohne Rückfall. 13 der 16 Patienten (81%) waren bereits nach einer einzigen Infusion erkrankungsfrei, 2 weitere erst nach einer zweiten Infusion mit Stuhl von einem anderen Spender. Diese Ergebnisse stehen einer 31%igen Erfolgsrate bei alleiniger Vancomycin-Behandlung gegenüber, durch die lediglich 4 von 13 Patienten von dem Keim befreit wurden. Bei Gruppe 2 zeigte sich eine Erfolgsrate von 23%, hier blieben 3 von 13 Patienten nach 10 Wochen rezidivfrei (p<0,001 für beide Vergleiche mit Gruppe 3).
Diejenigen 18 Patienten, die nach Antibiotikatherapie rückfällig geworden waren, erhielten anschließend Spenderstuhl und wurden unabhängig vom Studienprotokoll behandelt. Die Erfolgsquote betrug dann 83%, wobei 4 dieser Patienten eine zweite Infusion benötigten.
Ein unabhängiges Gremium von Prüfern, die die Zuordnung nicht kannten, entschied, ob die Patienten als geheilt galten. Die Heilung war definiert als 3 aufeinanderfolgende negative Stuhluntersuchungen bzw. die Abwesenheit von Durchfall oder jedenfalls nicht durch C. difficile bedingte Durchfälle. Nach Stuhlinfusion ließ sich mittels DNA-Screening nachweisen, dass sich die Diversität der fäkalen Mikroorganismen erhöhte.
Endlich Evidenz für ein esoterisches Verfahren
„Ich glaube, dass die vorliegende Studie diesen Therapieansatz aus der Ecke der ‚esoterischen Behandlungsverfahren’ auf die Ebene anerkannter, evidenzbasierter Medizin hebt“, erklärt Prof. Ciarán P. Kelly von der Harvard Medical School in Cambridge (Massachusetts, USA) gegenüber Medscape Medical News. Kelly hat das Editorial zur Studie verfasst [2]. Er ist Gastroenterologe am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston (Massachusetts, USA). In seinem Leitartikel bezeichnet er C. difficile als „häufigste Ursache nosokomialer Durchfallerkrankungen in den USA“.
Mehrere frühere Fallstudien deuteten bereits darauf hin, dass die Spenderstuhlinfusion über eine Wirksamkeit von bis zu 90% verfügen könnte. Dr. Moshe Rubin, Leiter der Abteilung für Gastroenterologie des New York Hospital Queens erklärte gegenüber Medscape Medical News: „Die Studienergebnisse stimmen mit anderen Fallserien aus der Literatur sehr gut überein, was sicherlich zu einer breiteren Akzeptanz des Verfahrens führen wird.“ Rubin ist Prüfarzt einer Phase-3-Studie zu monoklonalen Antikörpern gegen Toxin A und B, die gegen Zellen von C. difficile gerichtet sind.
„Für mich sind die beeindruckenden Zahlen dieser Publikation sehr überzeugend und machen biologisch auch Sinn“, erklärt PD Dr. med. Jan Wehkamp vom Dr. Margarete Fischer-Bosch Institut für Klinische Pharmakologie in Stuttgart, das dem Robert-Bosch-Krankenhaus assoziiert ist. Wehkamp erforscht seit Jahren Abwehrmechanismen im Magen-Darm-Trakt und die Ursachen von entzündlichen Darmerkrankungen. „Es ist plausibel, dass man einen pathologischen Erreger verscheucht, wenn man die Darmflora austauscht. Dieses Prinzip bewährt sich schließlich auch bei anderen ‚Milieuerkrankungen‘, etwa chronischen Vaginalmykosen“, erklärt der Wissenschaftler aus Stuttgart. „Wir haben es außerdem angesichts zunehmender Antibiotikaresistenzen mit einem ernsthaften Problem zu tun, denn das Verfahren lässt einem eine Hintertür offen, falls herkömmliche Strategien versagen“, fügt er hinzu.
Ekelfaktor ausschalten
Kelly weist darauf hin, dass es dennoch Hindernisse im Hinblick auf die Fäkalinfusionen als neue Therapieform geben werde. Diese beträfen die logistischen Herausforderungen, Spender zu rekrutieren, das geeignete Material zu gewinnen und zu verarbeiten sowie den „Ekelfaktor“.
Er gibt zu bedenken: „Es ist keine besonders verlockende Therapie. Die Menschen haben eine natürliche Aversion gegenüber Stuhl und der Zugriff sowie die Verarbeitung des Materials sind ein Problem für sich“. Als logischen nächsten Schritt empfiehlt er die Identifizierung der nützlichen Stuhlbestandteile, um diese in einer Kapsel verabreichen zu können. Ein kanadisches Team hatte erst kürzlich eine Proof-of-Principle-Studie in der Zeitschrift Microbiome veröffentlicht. In dieser Studie waren 2 Patienten mit Bakterienkulturen erfolgreich behandelt worden.
Man müsse überdies die optimale Verabreichungsform für Stuhl ermitteln. Während in der aktuellen Studie nasoduodenale Infusionen zum Einsatz kamen, heißt es bei Kelly, habe man mittels Einlauf oder Koloskopie in Fallstudien etwas bessere Ergebnisse erzielt.
Die fäkale Bakterientherapie biete auch gute Aussichten für die Behandlung anderer Erkrankungen, ergänzte der Medizinprofessor. Hierzu gehören entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Reizdarmsyndrom und schwerwiegende Colitis ulcerosa. Andere Experten sind der Meinung, man könne hiermit eventuell sogar Fettleibigkeit therapieren, denn die Bakterienpopulationen im Darm übergewichtiger Menschen und Tiere unterscheide sich von jenen normalgewichtiger.
Hier mahnt Wehkamp allerdings zur Vorsicht: „Die Datenlage dazu ist ausgesprochen uneinheitlich: Während die einen bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa über verblüffende Erfolge mit Stuhlinfusionen berichteten, zeigen die Beobachtungen anderer Gruppen keinerlei Effekte“. Außerdem sei das Prinzip in diesen Fällen auch weniger nachvollziehbar, gibt Wehkamp zu bedenken, denn: „Bei diesen Erkrankungen handelt es sich nicht um Infektionen mit einem einzelnen Keim, sondern um ein generelles Barriereproblem. Daher kann der Austausch der Darmflora auch nicht so viel bewirken. Das schmälert nicht den Durchbruch, den die aktuelle Studie zweifelsohne bedeutet.“
Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.