Fortgesetzte Antikoagulationstherapie kann das Risiko für venöse Thromboembolien reduzieren

Steve Stiles | 13. Dezember 2012

Autoren und Interessenskonflikte

Atlanta/Georgia – Eine Antikoagulationstherapie mit dem oralen Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban (Eliquis®, Bristol-Myers Squibb/Pfizer) 2,5 oder 5,0 mg 2x täglich bei venösen Thromboembolien (VTE), verringerte nach 6 bis 12 Monaten das VTE-Rezidivrisiko gegenüber Placebo signifikant. Dies geht aus einer im Auftrag von Bristol-Myers Squibb und Pfizer durchgeführten Studie hervor, deren Ergebnisse am 8. Dezember 2012 im New England Journal of Medicine veröffentlicht und am 11. Dezember 2012 auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) vorgestellt wurden [1, 2].

Im Rahmen der randomisierten, doppelblinden AMPLIFY-EXT-Studie (Apixaban after the Initial Management of Pulmonary Embolism and Deep Vein Thrombosis with First-Line Therapy-Extended Treatment, 3) wurden 2.482 Patienten mit tiefer Venenthrombose (TVT) oder pulmonaler Embolie mit/ohne TVT verglichen. Diese mussten zuvor bis zu 12 Monate unter einer Antikoagulationstherapie asymptomatisch gewesen sein und es musste eine klinische Equipoise* hinsichtlich der Fortsetzung oder Beendigung der Antikoagulationstherapie vorliegen. Nachfolgend erhielten über weitere 12 Monate in den Apixaban-Gruppen 840 Patienten 2,5 mg 2x täglich, 813 Patienten 5,0 mg 2x täglich, 829 Patienten erhielten Placebo. Eine duale antithrombozytäre Therapie war nicht zulässig.

Unter Apixaban, das alternativ zu dem Cumarin-Derivat Warfarin eingesetzt wird, zeigten Patienten eine signifikante Verringerung am primären Endpunkt, der definiert worden war als wiederkehrende VTE ohne Risikoerhöhung für schwerwiegende oder klinisch relevante geringfügige Blutungen bzw. Tod jeglicher Ursache.

„Bei VTE-Patienten, für die ein Nutzen der fortgesetzten Antikoagulation ebenso unklar ist wie die Risiken, bieten unsere Ergebnisse eine sachliche Argumentationsgrundlage für die Fortsetzung der Therapie über weitere zwölf Monate”, schreiben Prof. Dr. Giancarlo Agnelli, University of Perugia, und Kollegen. Apixaban sei unter beiden Dosierungen „wirksam, sicher und einfach in der Anwendung“.

Während der einjährigen Therapiezeit waren statistisch betrachtet 14 Apixaban-Behandlungen zur Vorbeugung eines VTE-Rezidivs notwendig. Schwerwiegende oder klinisch relevante geringfügige Blutungen manifestierten sich (statistisch) nach 200 Behandlungen, so die Autoren. Der primäre Endpunkt wurde von 3,8% der Patienten unter 2,5 mg und von 4,2% der Patienten unter 5,0 mg Apixaban erreicht. Im Vergleich zu beiden Dosierungen betrug die Häufigkeit 11,6% für die Placebogruppe (p<0,001). Die Intention-To-Treat-Analyse (ITT) der Ereignisraten für den primären Endpunkt ergab in den 3 Gruppen ohne Nachuntersuchung („lost to follow-up“) 13, 19 bzw. 20 Patienten.

Die Ergebnisse einer Subgruppenanalyse weisen darauf hin, dass die Apixaban-Wirksamkeit von Geschlecht, Alter, Körpergewicht oder Nierenfunktion im wesentlichen unabhängig ist, ebenso davon, ob die Antikoagulation ursprünglich gegen VTE oder pulmonale Embolie angewandt wurde.

Die Autoren räumen ein, dass nur 15% der Probanden älter waren als 75 Jahre und das Körpergewicht nur bei wenigen <60 kg betrug. „Es sind mehr Daten notwendig, um das Nutzen-Risiko-Profil für Apixaban hinsichtlich Blutungsereignissen bei älteren und leichtgewichtigen Patienten genauer bestimmen zu können.“

Die Studie wurde an 328 Zentren in 26 Ländern in Europa, Asien, Nord- und Südamerika sowie Australien, Israel und Südafrika durchgeführt.

Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

Relatives Risiko (95% CI) zu Wirksamkeits- und Sicherheitsendpunkten der Apixaban-Dosierungen

Endpunkt

Apixaban 2,5 mg vs Plazebo

Apixaban 5,0 mg vs Plazebo

Apixaban 2,5 mg vs 5,0 mg

VTE oder Tod jeglicher Ursache (primärer Endpunkt)

0,33 (0,22 - 0,48)

0,36 (0,25 - 0,53)

NA

Nicht VTE-bedingter kardiovaskulärer Tod, MI oder Schlaganfall

0,36 (0,11 - 1,12)

0,47 (0,16 - 1,33)

0,77 (0,21 - 2,88)

VTE-Rezidiv, VTE-bedingter Tod, MI, Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod

0,21 (0,13 - 0,35)

0,23 (0,14 - 0,38)

0,92 (0,48 - 1,74)

Schwerwiegende Blutung

0,49 (0,09 - 2,64)

0,25 (0,03 - 2,24)

1,93 (0,18 - 2,25)

Schwerwiegende oder nicht-schwerwiegende jedoch klinisch relevante Blutung

1,20 (0,69 - 2,10)

1,62 (0,96 - 2,73)

0,74 (0,46 - 1,22)

VTE, VTE-bedingter Tod, MI, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod oder schwerwiegende Blutung (klinischer Nutzen)

0,23 (0,14 - 0,37)

0,24 (0,15 - 0,38)

0,97 (0,52 - 1,79)

VTE = venöse Thromboembolie; MI = Myokardinfarkt; NA = nicht verfügbar

*Anm. der Redaktion: Das Equipoise-Kriterium ist konzipiert worden, um bei randomisierten klinischen Studien den Konflikt zwischen dem Prinzip ärztlicher Fürsorge und forschungsethischen Verpflichtungen zu lösen. Primäres Ziel besteht darin, die Maßstäbe ärztlicher Fürsorge auch im Kontext klinischer Forschung strikt einzuhalten [4].

Referenzen

Referenzen

  1. Agnelli G et al: NEJM (online) 8. Dezember 2012. http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1207541
  2. American Society of Hematology 2012 Annual Meeting (ASH), 8.-11.Dezember 2012, Atlanta/Georgia. Agnelli G: Late-Breaking Abstracts session; 11. Dezember 2012.http://www.hematology.org/News/2012/9445.aspx
  3. http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00633893?term=NCT00633893&rank=1
  4. Freedman B: NEJM 1987; 317, (3): 141-145. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3600702

Autoren und Interessenskonflikte

Steve Stiles
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Dr. Immo Fiebrig
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

AMPLIFY-EXT ist eine im Auftrag von Bristol-Myers Squibb und Pfizer Inc. durchgeführte Studie. Dr. Agnelli erhielt laut eigener Angaben von Pfizer mit der Studie in Zusammenhang stehende Honorare/Beratungshonorare, Reisekostenerstattungen, Zahlungen für das Schreiben und die Begutachtung von Manuskripten sowie Beratungshonorare von Bayer Healthcare, Boehringer Ingelheim und Daiichi Sankyo. Weitere von der Studie unabhängige Honorare wurden für Vorträge und Rednertätigkeiten von Bayer Healthcare, Bristol-Myers Squibb und Sanofi gezahlt. Die Offenlegungen der Koautoren sind unter http://www.nejm.org/ einzusehen.

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