Kaffee punktet wieder: Vorteile bei Fettleber

Daniel M. Keller, PhD | 3. Dezember 2012

Autoren und Interessenskonflikte

BOSTON — Kaffeegenießer werden es gern hören: Unter bestimmten Umständen kann Kaffeekonsum bei Menschen, die an einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) leiden, das Risiko senken, an einer fortgeschrittenen Leberfibrose oder Leberzirrhose zu erkranken. Das gilt aber nur, wenn sie gleichzeitig wenig insulinresistent sind. Menschen mit einer höheren Insulinresistenz können diesen Vorteil nicht für sich verbuchen.   

Nach und nach kämen immer mehr vorteilhafte Wirkungen von Kaffee auf chronisch Leberkranke ans Licht, resümierte Dr. Kiran Bambha auf der 63. Jahrestagung der American Association for the Study of Liver Diseases - The Liver Meeting 2012. Sie ist Assistenzprofessor in der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der University of Colorado Denver in Aurora. Damit bezog sie sich auf frühere Studien, in denen die günstigen Wirkungen von Kaffee auf eine Reihe chronischer Krankheiten bereits aufgezeigt worden waren, darunter Typ-2-Diabetes und hepatische Fibrose bei NAFLD. Vor diesem Hintergrund führte sie mit Kollegen eine Querschnittsuntersuchung über die mögliche Interaktion von Kaffeekonsum und Insulinresistenz (IR) bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Fibrose (jenseits des Stadium 2) und einer histologisch nachgewiesenen NAFLD.

Die 782 Studienteilnehmer im Alter über 18 Jahren wurden prospektiv von 2004 bis 2008 in das Clinical Research Network für nichtalkoholische Fettleberhepatitis (oder nichtalkoholische Steatohepatitis, abgekürzt NASH) aufgenommen. Die histologischen Befunde der NAFLD wurden zentral geprüft und bei Eintritt in die Studie sowie nach 6-monatigem Screening bewertet. Der Kaffeekonsum wurde dokumentiert und die IR anhand des HOMA-IR (Homöostase-Modell-Assessment der Insulinresistenz) berechnet.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer – 38% waren Männer und 84% Frauen – lag bei 48 Jahren. Der Medianwert für den Body-Mass-Index (BMI) betrug 33,5 kg/m² und reichte von 29,7 - 38,3 kg/m². Auf Basis der histologischen Untersuchung hatten 79% definitiv oder wahrscheinlich NASH. Davon hatten drei Viertel wiederum eine Fibrose im Stadium 2 oder darunter und ein Viertel eine Leberfibrose > Stadium 2; 7,5% litten an einer Leberzirrhose. Der Median für den HOMA-IR-Wert lag bei 4,3, 24% (n=189) der Teilnehmer waren Diabetiker.

Gar keinen Kaffee tranken 29% der Studienteilnehmer, 28% tranken weniger als eine Tasse pro Tag, 15% tranken weniger als 2 Tassen am Tag, und 28% tranken täglich mindestens 2 Tassen. Alkohol- und Tabakkonsum korrelierten tendenziell positiv mit einem höheren Kaffeekonsum (p< 0,001 für beide).

Die multivariate logistische Regressionsanalyse ergab in Abhängigkeit von der Insulinresistenz einen signifikant inversen Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und dem Risiko auf eine schwere Fibrose (p=0,01). Dieser Zusammenhang galt nur für die Studienteilnehmer mit niedriger IR, nicht aber für jene mit höherer IR.

Der Kaffeekonsum korrelierte ebenfalls invers mit fortgeschrittener Leberfibrose (> Stadium 2) bei Teilnehmern mit einem HOMA-IR-Wert unter 4,0 (Odds Ratio [OR] 0,64; 95% Konfidenzintervall [KI], 0,46 - 0,88; p=0,007). Dies traf nicht zu bei Teilnehmern mit einem HOMA-IR-Wert ab 4,0 (OR 1,06; 95% KI, 0,87 - 1,28; p=0,6). Zwischen dem Kaffeekonsum und dem Schweregrad der Steatose, der Leberentzündung, der Leberzellschwellung oder der histologisch nachgewiesenen NASH gab es keinen signifikanten Zusammenhang.

Jetzt sind Längsschnittstudien gefragt

Als Stärken der Studie bezeichnete Dr. Bambha den großen Umfang, das prospektive Design und die hohe Qualität der histologischen Daten sowie der weiteren Informationen, einschließlich derer zum Kaffeekonsum. Zu den Einschränkungen zählen fehlende Angaben zur Art des Kaffees (koffeinhaltig oder entkoffeiniert), der Grenzwert von 5 Tassen Kaffee pro Tag, mögliche Fehler in den Patientenberichten zum Kaffeekonsum sowie fehlende Angaben zu zeitlich bezogenen Schwankungen im Kaffeekonsum.

Dr. Bambha zog die Schlussfolgerung: "Mit unseren Daten liefern wir zusätzliche Hinweise über potenziell günstige Wirkungen von Kaffee bei chronischen Lebererkrankungen. Nun sind solide Längsschnittstudien notwendig, in denen die Verbindung zwischen Kaffee und hepatischer Fibrose beleuchtet wird, um festzustellen, ob Kaffee sich für eine Begleittherapie der Fettleber eignet."

Der Hepatologe Prof. Dr. Mark Thursz von der medizinischen Abteilung des Imperial College in London, Großbritannien, und Generalsekretär der Europäischen Vereinigung zur Erforschung der Leber, der nicht an der Studie beteiligt war, bestätigte, dass schon seit einiger Zeit Verbindungen zwischen Kaffee und Lebererkrankungen gesehen werden, "die ursprünglich darauf hinwiesen, dass Patienten mit hohem Kaffeekonsum nicht so häufig an Leberzirrhose und Leberzellkarzinomen erkrankten."

Eine neuere Studie zeige zudem -  nach Bereinigung um den Einflussfaktor Rauchen - eine Verbindung zwischen Kaffeekonsum und einem verlängerten Leben, was Thursz für "ganz offensichtlich bedeutend" hält [2]. Er denkt, dass der günstige Einfluss auf eine Zirrhose auch für NAFLD gilt, wie die aktuelle Studie von Bambha erkennen lässt. Obwohl noch keine Interventionsstudie bezüglich Kaffee durchgeführt wurde, empfehlen schon jetzt laut Dr. Thursz viele Hepatologen ihren Patienten den Genuss von Kaffee. Es sei allerdings schwierig, Nicht-Kaffeetrinker zum Kaffeetrinken zu bewegen. "Noch interessanter wäre es, genau herauszufinden, welche Eigenschaften des Kaffees diese Vorteile bringen", meinte er daher. Koffein müsse nicht notwendigerweise der therapeutisch wirksame Anteil sein; dies könnten auch die im Kaffee enthaltenen Flavonoide sein. Momentan liefen hierzu auch Studien, erklärte er weiter.

Entsprechend nannte Bambha Kaffee eine "komplexe Substanz" aus Hunderten von Komponenten, darunter Koffein, Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, Polyphenole, Quinide, Melanoidine, Produkte der Maillard-Reaktion, Lignane, Ferulasäure, Diterpene und Trigonellin.

Dieser Artikel wurde von Andrea Thode aus Medscape.com übersetzt und adaptiert.

Referenzen

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  1. 63rd Annual Meeting of the American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) The Liver Meeting 2012, 11. November 2012, Boston, Massachusetts. Bambha K, et al: Abstract 99
  2. Freedman N, et al: NEJM 2012;366:1891-904;
    http://dx.doi.org/10.1056/NEJMoa1112010

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