Dass die Ernährung der Entwicklung von Dickdarmkrebs Vorschub zu leisten vermag, ist schon länger Allgemeingut. Dass jedoch die Art der Kohlenhydratzusammensetzung das Ergebnis der Behandlung dieses häufigen Tumors beeinflusst, wie jetzt eine Nachbeobachtungsstudie an Kolonkarzinompatienten zeigen konnte, ist neu. Die Studie wurde am 7. November im Journal of the National Cancer Institute online veröffentlicht [1].
Die Wissenschaftler hatten festgestellt, dass Patienten mit kohlenhydratreicher Ernährung, die ausgesprochen viel Stärke enthält, ein etwa doppelt so hohes Rezidivrisiko hatten wie jene mit einer ausgewogeneren Ernährungsform. Die Auswirkungen waren bei adipösen oder übergewichtigen Patienten am deutlichsten ausgeprägt.
Man geht davon aus, dass stärkehaltige Kohlenhydrate den Insulinspiegel erhöhen. Insulin und Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren sind dafür bekannt, dass sie Zellwachstum und -streuung fördern, erklärte der Hauptautor Dr. Jeffrey Meyerhardt vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston (Massachusetts, USA) gegenüber Medscape Medical News.

Die Patienten dieser Studie litten unter einem lokal fortgeschrittenem Kolonkarzinom (Stadium III). Die Rezidive sind auf eine Mikrometastasierung zurückzuführen, erklärte Meyerhardt. „Gemäß Hypothese fördern Insulin und Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren die Ausbreitung solcher mikroskopisch kleinen Zellen.“
Allerdings lautet die Quintessenz nicht unbedingt: „Nimm weniger Zucker zu dir!“. Naturheilkundler und Heilpraktiker empfehlen Krebspatienten zwar häufig, auf sämtlichen Zucker zu verzichten. Jedoch sei es „nicht ganz so einfach“ und „ein völliger Verzicht auf Zucker ist unnötig“, schränkte er die Aussagekraft so mancher Empfehlung ein. Vielmehr komme es bei komplexen Zuckern, stärkehaltigen Nahrungsmitteln und Kohlenhydraten auf die glykämische Last an, meinte er.
„Unsere Studie weist definitiv darauf hin, dass die Ernährungsweise eine Auswirkung auf die Progression eines Kolonkarzinoms hat. Dies sollte bei der Nachbehandlung von Patienten wie Ärzten berücksichtigt werden. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen“, stellte er fest.
In ihrem begleitenden Leitartikel riefen Dr. Neal Meropol und Dr. Nathan Berger vom University Hospitals Case Medical Center bzw. von der Case Western Reserve University School of Medicine in Cleveland (Ohio, USA) dazu auf, weitere Studien durchzuführen, um „die Evidenzlage auszuweiten“ [2].
Sie schreiben: „Wenngleich das Ausmaß für das Rezidivrisiko beim Kolorektalkarzinom nicht endgültig feststeht, liefern die klinischen Beobachtungen zusammen mit Argumenten der Biologie einen überzeugenden Ansatz, um übliche Interventionen im Rahmen prospektiv- randomisierter klinischer Studien zu untersuchen.“
Die Leitartikler befürworten, dass Patienten zwischenzeitlich die Empfehlungen des Expertengremiums der US-amerikanischen Krebsgesellschaft befolgen [3]. Kolonkarzinompatienten sollten gemäß „Richtlinien zur Prävention von Krebs- und Herzerkrankungen“ auf „ein gesundes Körpergewicht, regelmäßige körperliche Betätigung sowie eine ausgewogene Ernährung achten.“
Daten aus einem Ernährungsfragebogen
Meyerhardt und seine Mitarbeiter führten eine Nachbeobachtung von Stadium-III-Kolonkarzinompatienten der „Cancer and Leukemia Group B 89803“-Studie (CALGB-89803-Studie) durch. Die Studie wurde vom National Cancer Institute gesponsert. Der Primärtumor war operativ entfernt worden, danach wurden die Studienteilnehmer adjuvant chemotherapeutisch mit 5-Fluorouracil und Leucovorin behandelt (die zusätzliche Gabe von Irinotecan hatte keinerlei Auswirkung auf das Behandlungsergebnis).
Die Patienten füllten einen semiquantitativen Fragebogen zu insgesamt 131 Aspekten von Art und Umfang ihres Konsumverhaltens aus. Dies geschah während der Studie sowie 6 Monate danach. Die Wissenschaftler verwendeten die gesammelten Informationen, um die Auswirkungen von Nahrungsmitteln auf den Erfolg der Krebstherapie zu untersuchen.
Frühere Ergebnisse aus der CALGB-Studie hatten bereits belegt, dass Kolonkarzinompatienten mit ausgeprägt „westlichem Speiseplan” (charakterisiert durch hohen Konsum an Fleisch, Fett, verarbeitetem Getreide und zuckerhaltigen Süßspeisen) gegenüber Patienten mit einer ausgewogeneren Ernährungsweise eine um das Dreifache erhöhte Rezidiv- und Todesrate aufwiesen [4].
Im Rahmen dieser CALGB-Nachbeobachtungsstudie analysierten die Wissenschaftler Daten von 1.011 Patienten. Sie nahmen insbesondere den Kohlenhydratkonsum, den glykämischen Index und die glykämische Last in den Blick.
Insgesamt wiesen Patienten mit den höchsten Werten für glykämische Last und Kohlenhydratkonsum gegenüber Patienten mit den entsprechend niedrigsten Werten eine um 80% höhere Kolonkarzinomrezidiv- und –todesrate auf (bereinigte Hazard Ratio: 1,79; 95% Konfidenzintervall: 1,29 - 2,48; p < 0,001).
Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass dieser Effekt auch signifikant vom BMI (body mass index) abhing, d. h. der Zusammenhang war bei adipösen und übergewichtigen Patienten am klarsten ausgeprägt, am geringsten hingegen bei Patienten mit normalem Körpergewicht (BMI < 25 kg/m²).
Die Autoren des Leitartikels halten fest, dass der Zusammenhang zwischen glykämischer Last sowie Kohlenhydratkonsum einerseits und einem schlechteren Ergebnis im Hinblick auf das erkrankungsfreie und rezidivfreie Überleben sowie für das Gesamtüberleben andererseits zwar „klinisch bedeutsam“ sei. Allerdings beschränke sich dieser Zusammenhang auf Patienten mit höherem BMI.
Es handelt sich hierbei lediglich um eine Beobachtungsstudie. Sie belege deshalb keineswegs, dass eine kohlenhydratreiche Ernährung unter hoher glykämischer Last ein Kolonkarzinomrezidiv auslöst, fügte Meyerhardt einschränkend hinzu. Allerdings „liegt die Vermutung nah, dass solche Ernährungsfaktoren eine Rolle spielen“, erklärte er. Dies kann „einen Handlungsspielraum bieten, um die Überlebensraten zu verbessern“.
Dieser Artikel wurde von Dr. Immo Fiebrig aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.