Knieschmerzen bei Arthrose: Motivierte Patienten profitieren am meisten von konservativer Therapie

Rainer Klawki | 21. November 2012

Autoren und Interessenskonflikte

Welches ist die beste konservative Therapie für Patienten mit Knieschmerzen und einer Kniearthrose? In Frage kommen Maßnahmen aus dem Bereich der physikalischen Therapie, Bewegungsschulungen, Propiozeption, Aerobic, Aquatik, Muskelaufbau, Tai Chi, Massage, Orthotik, Tapen, Elektrostimulation, gepulste elektromagnetische Felder, Ultraschall oder auch Diathermie. Diese Verfahren haben Forscher in einer Metaanalyse der verfügbaren Literatur auf ihre Wirksamkeit und ihre Nebenwirkungen untersucht. Shi-Yi Wang und Kollegen von der Universität von Minnesota in Minneapolis haben die Auswertung in den Annals of Internal Medicine publiziert.

Physikalische Therapie und Physiotherapie liegen vorn

Es zeigte sich in dem Überblick von 193 Studien aus der englischsprachigen Literatur, dass die größte wissenschaftliche Evidenz derzeit für die Maßnahmen der physikalischen Therapie, wie sie von Physiotherapeuten angewendet wird, bestand. Insgesamt 84 randomisierte kontrollierte Studien konnten für 13 verschiedene physikalische Therapieformen einen günstigen Effekt auf die Knieschmerzen, die Gelenkfunktion  und den Grad der Behinderung nachweisen. Wesentlich schwächer war die wissenschaftliche Beweislage in den Studien zur Wirkung von Aerobic, aquatischen Übungen, Muskelaufbau oder Ultraschall. Zu diesen Verfahren gab es einerseits weniger Studien, andererseits waren die berichteten Effekte bei der Linderung von Schmerz oder der Funktionsverbesserung geringer ausgeprägt als unter physikalischer Therapie. Die Autoren liefern für jedes Verfahren auch eine Einschätzung über den Grad der wissenschaftlichen Evidenz. So ist zum Beispiel bei der Massage die wissenschaftliche Evidenz schwach, da nur 3 Studien mit 162 Teilnehmern ausgewertet werden konnten. Es wurden durch Knie- und Beinmassage allerdings alle 3 Wirkungsbereiche (Schmerz, Behinderung, Funktion) „klinisch bedeutsam“ verbessert.

Die meisten Knieschmerzen hatten Frauen

Wurden die Daten der Studien gepoolt, zeigte sich bei den Patientencharakteristika, dass 70% der Patienten in den Studien mit Knieproblemen Frauen waren. Im Durchschnitt waren sie übergewichtig mit einem BMI von im Schnitt 29. Auch bestand bei 52% eine zusätzliche pharmakologische Therapie mit Schmerzmitteln.

Wo die Vorzüge der einzelnen Verfahren lagen

Beim Blick auf die Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren zeigte sich: Die physikalischen Therapien hatten ein günstiger Effekt auf alle geprüften Bereiche. Ein Langzeit-Effekt der physikalischen Therapie konnte in 7 dieser Studien dokumentiert werden. Gleich gute Effekte bei Schmerzen, Behinderungsgrad und Funktionalität ließen sich nicht in den Studien mit Aerobic-Übungen oder Wasser-basierten Übungen feststellen. Hier verbesserten sich zum Beispiel nur Behinderungsgrad oder Funktion. Das Wassertraining schien im direkten Vergleich mit Aerobic mit weniger Knieschmerz am Studienende in Verbindung zu stehen (p-Wert 0,044).

Auch die Intensität der Übungen und die Einstellung der Patienten war wichtig

Die Forscher machten darauf aufmerksam, dass ihre Metaanalyse keine vergleichenden Aussagen zur Häufigkeit der angewendeten Verfahren, zu deren Dauer und Intensität erlaubt. Sie weisen aber darauf hin, dass die Patientencharakteristik und damit auch die motivierte Einstellung der Patienten zur Therapie einen Einfluss auf den Erfolg hatte. So konnten sie feststellen, dass eine große Adhärenz zur Therapie, gemessen an der Zahl der besuchten Kurse, mit einem besseren Ergebnis am Knie in Verbindung stand. Sowohl beim Muskelaufbau als auch beim Aerobic hatten zum Beispiel die Patienten mit der höchsten Adhärenz das beste Ergebnis. Damit scheint die Einstellung des Patienten zu einer konservativen Therapie zumindest so entscheidend zu sein wie die Art der angewendeten Maßnahmen.

Nebenwirkungen ohne durchgängiges Muster

Nebenwirkungen wurden in den Studien nur wenige, aber sehr unterschiedliche berichtet. Vorwiegend Hautirritationen wurden beim Taping und bei der Elektrostimulation vermerkt, Schwellungen bei Diathermie und Bewegungstraining oder bei der Verwendung von Einlegesohlen. Es gab keine belegten Nebenwirkungen, die unverhältnismäßig häufig vorgekommen wären und damit als Ursache für einen gehäuften Therapieabbruch in Frage kamen.

Wie häufig sind Knieprobleme?

Knieschmerzen gehören zu den häufigen Gesundheitsproblemen. 28% der über 45-Jährigen und 37% der über 65-Jährigen in den Vereinigten Staaten berichten, dass sie mit Knieproblemen zu kämpfen haben. In Deutschland werden etwa 10% der Bevölkerung regelmäßig von Knieschmerzen geplagt.

Referenzen

Referenzen

    Wang S-Y et al.: Ann Intern Med 2012; 157(9):632-644
    http://annals.org/article.aspx?articleid=1389849

Autoren und Interessenskonflikte

Rainer Klawki
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

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