Los Angeles – Jedes Medikament kann nur wirken, wenn es tatsächlich eingenommen wird. Was so profan klingt, ist in der Praxis ein Problem: Zahlreiche Herz-Kreislauf-Patienten nehmen ihre Medikamente nur unregelmäßig ein: „Ein Jahr nach einem akuten kardiovaskulären Ereignis nimmt ein Drittel bis die Hälfte aller Betroffenen nicht mehr alle verordneten Medikamente ein; in einkommensschwachen Ländern, welche die höchste Inzidenz kardiovaskulärer Todesfälle aufweisen, oft sogar mehr als 90%“, so Prof. Simon A. Thom, Imperial College, London (England). Damit riskieren diese Patienten ein erneutes, oft schweres Ereignis.
Pro und kontra: mangelnde Therapievielfalt versus einfaches Therapieschema
Aus der Compliance-Forschung ist bekannt, dass die Therapietreue mit der Anzahl der einzunehmenden Tabletten sinkt. Der Umkehrschluss: Fixkombinationen, bei denen mehrere Wirkstoffe in einer Tablette kombiniert sind, senken die Tablettenlast und könnten auf diese Weise die Compliance verbessern. Ein möglicher Nachteil: Die Behandlung verliert an Individualität, da eine solche „Polypille“ nur eine begrenzte Zahl an Medikamenten und Dosierungen bieten könnte. Die durch die verbesserte Compliance erzielten Vorteile könnten so wieder zunichte gemacht werden. „Viele Ärzte stehen der Polypille deshalb mit Skepsis gegenüber“, so Thom während der Jahrestagung der American Heart Association (AHA).
Diese Bedenken sind jetzt ausgeräumt: Die UMPIRE-Studie (Use of a Multidrug Pill In Reducing cardiovascular Events) zeigte deutlich, dass Patienten, die eine „4-Fach-Fixkombination“ erhalten, sehr viel häufiger leitliniengerecht behandelt werden. Dies spiegelte sich in einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos wider: „Bei den mit der Polypille behandelten Patienten ging die Verbesserung der Compliance mit deutlich besseren Blutdruck- und Lipidwerten einher, als dies in der – überdurchschnittlich gut behandelten – Kontrollgruppe der Fall war“, kommentierte Studienleiter Thom.
Polypille verbesserte die Therapieadhärenz um ein Drittel
Die Ergebnisse der UMPIRE-Studie basieren auf den Daten von 2004 Herz-Kreislauf-Patienten (Durchschnittsalter 62 Jahre) aus Europa und Indien, die entweder eine dokumentierte Koronare Herzkrankheit (KHK) hatten oder ein geschätztes KHK-Risiko von 15% oder höher. Die eine Hälfte der Studienteilnehmer erhielt eine Polypille mit 75 mg Acetylsalicylsäure, 40 mg Simvastatin, 10 mg Lisinopril und 50 mg Atenolol oder (Version 2) eine Polypille mit 12,5 mg Hydrochlorothiazid anstelle des Betablockers. Die andere Hälfte nahm ihre übliche Medikation in Form von Einzeltabletten und in unterschiedlichen Dosierungen ein.
Bei den Patienten, die die Polypille einnahmen, stieg die Therapieadhärenz um 33%. Dies ging mit einer Reduktion des systolischen Blutdrucks um 2,5 mmHg und einer LDL-Reduktion um 0,11 mmol/l einher (beide p = 0,0005). Dieser Nutzen blieb über den gesamten Studienzeitraum von im Mittel 15 Monaten erhalten. Die Ergebnisse waren in Europa und in Indien vergleichbar. „Dies spricht dafür, dass sich der Effekt generalisieren lässt“, so Thom.