München – Hitzewallungen sind nicht nur das häufigste Symptom der Wechseljahre. Oft empfinden die Frauen sie auch als die unangenehmsten Beschwerden unter den mit der Menopause einhergehenden Belastungen. Hitzewallungen können über Jahre hinweg persistieren: „Jede zweite Frau klagt selbst zehn Jahre postmenopausal weiterhin über ausgeprägte vasomotorische Störungen“, erklärte die Frauenärztin Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard, Fachärztin für Frauenheilkunde, Naturheilverfahren und Umweltmedizin in Heidelberg.
Bei erträglichen Hitzewallungen sind Änderungen des Lebensstils häufig ausreichend, um die aufsteigende Hitze zu lindern: „Frauen, die sich ballaststoffreich ernähren, leiden weniger unter Hitzewallungen als Frauen, die viele tierische Produkte verzehren“, erklärte Gerhard. Durch Ernährungsumstellung und eine Reduktion des Body-Mass-Index (BMI) um durchschnittlich 10 % kann eine signifikante Verbesserung der Hitzewallungen erzielt werden.
Isoflavonoide aus Sojaprodukten helfen nur jeder vierten Frau
Soja und Hülsenfrüchten gelten aufgrund ihres hohen Gehalts an Isoflavonoiden zwar als wirksames Mittel gegen Wechseljahrsbeschwerden. Tatsächlich hilft der vermehrte Verzehr von Sojaprodukten jedoch nur etwa einem Viertel der Frauen, die den Metaboliten Equol bilden können. Leinsamen, der besonders große Mengen von Lignanen enthält, hat keinen relevanten Einfluss auf Hitzewallungen. Die Propagierung von Rotwein (Trans-Resveratrol) und Bier (Flavonon) als Phytohormon-Lieferanten ist bezüglich der Hitzewallungen eher als kontraproduktiv zu betrachten.
Zürückhaltung beim Einsatz isolierter Isoflavonoide
Nahrungsergänzungsmittel mit Isoflavonoiden (Soja, Rotklee) reduzieren Hitzewallungen zwar signifikant gegenüber Placebo. Allerdings haben diese in den Nahrungsergänzungsmitteln enthaltenen Phytoöstrogene eine stärkere Wirkung auf das Brustgewebe, als die Pflanzenhormone, die man über die Nahrung zu sich nimmt. Mammakarzinom-Patientinnen rät man infolgedessen von der Einnahme isolierter Isoflavonoide ab. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt in seiner Stellungnahme von 2007 generell Zurückhaltung beim Einsatz isolierter Isoflavonoide.
Die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln mit Soja oder Rotklee hängt u.a. von der Darmfunktion ab. „Ein Versuch über drei Monate lohnt sich“, so Gerhard. Granatapfelsamenöl, Pollenextrakte und chinesische Kräutermischungen sind weitere Optionen.
Cimicifuga: auch für Brustkrebs-Patientinnen geeignet
Die traditionelle Phytotherapie bietet Teemischungen mit vegetativ ausgleichenden Kräutern an, bei Hitzewallungen in erster Linie den Salbei. In der rationalen Phytotherapie haben sich bei Hitzewallungen in der Prämenopause Produkte aus Mönchspfefferfrüchten (Agnuscastus) mit ihrer Gestagenwirkung bewährt, in der Postmenopause Wurzelstockextrakte der Traubensilberkerze (Cimicifuga) und des Rhapontikrhabarbers.
Sie haben den Vorteil, dass sie auch bei Patientinnen mit Mammakarzinom und zusammen mit Tamoxifen eingesetzt werden können, da ihre Wirkung auf zentral-regulatorischen Phänomenen beruht bzw. nur der Estrogenrezeptor-beta stimuliert wird. Eine große deutsche Fall-Kontroll-Studie mit mehr als 10.000 Frauen mit und ohne Brustkrebs ergab, dass die Verwendung von Phytotherapeutika in den Wechseljahren das Brustkrebsrisiko um 26 % reduzierte.
Cimicifuga-Extrakte sind am besten erforscht und in der Praxis erprobt. Sie können auch bei schweren vasomotorischen Störungen ohne Bedenken eingesetzt werden. „Im Vergleich zu einer hormonellen Therapie setzt der Effekt verzögert ein, sodass mindestens 3 Monate abgewartet werden sollten, ehe eine Umstellung erfolgt“, erklärte Gerhard. Die Kombination mit Johanniskrautextrakt kann in vielen Fällen die Wirksamkeit verbessern. Der Erfolg der Phytohormontherapie wird durch mäßige sportliche Aktivität gesteigert.
Hormonersatztherapie: niedrig dosieren, individuell anpassen
Bei schweren persistierenden Hitzewallungen ist die individualisierte Hormonersatztherapie (HET) mit natürlichem Östrogen, am besten transdermal oder transvaginal, und natürlichem Progesteron in möglichst niedriger Dosierung am effektivsten. „Es ist erstaunlich, wie vielen Frauen bereits mit ultraniedrigen Dosen geholfen werden kann“, betonte Gerhard. Nach ihren Worten werden zukünftige Entwicklungen durch die Kombination von selektiven Östrogenrezeptor-Modulatoren, LH-Rezeptor-Antagonisten und natürlichen Östrogenen noch mehr Wirksamkeit und Sicherheit versprechen