Karlsruhe – Dengue ist eine der am weitesten verbreiteten, durch Stechmücken übertragenen Virusinfektionen. Die WHO schätzt, dass die Hälfte der Weltbevölkerung zur Risikopopulaton zählt. Obwohl die Infektion gewöhnlich grippeähnliche Symptome verursacht, können sich auch ernstere Krankheitsverläufe entwickeln, die zu schweren Erkrankungen und Todesfällen vor allem bei Kindern in asiatischen und lateinamerikanischen Ländern führen. Die Häufigkeit von Dengue hat in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen – vor 1970 hatten nur neun Länder Erfahrungen mit schweren Dengue-Epidemien machen müssen. Doch heute tritt die Krankheit in mehr als 100 Ländern über die ganze Welt verteilt endemisch auf.
Derzeit gibt es kein Vakzin, das vor Dengue schützt. Und alle Anstrengungen einen Impfstoff zu entwickeln wurden dadurch erschwert, dass Dengue nicht von einem einzigen Virus verursacht wird, sondern von vier unterschiedlichen artverwandten Viren (bekannt als DENV 1, 2, 3 und 4). Dies macht die Entwicklung eines effektiven Vakzins erheblich komplizierter als bei anderen viralen Erkrankungen. Außerdem tritt die Krankheit nur beim Menschen auf, deshalb können Wissenschaftler zum Testen aussichtsreicher Impfstoff-Kandidaten keine Tiermodelle nutzen.
Neuer Impfstoff im Test
Einen nun vielleicht aussichtsreichen Impf-Kandidaten stellen Prof. Dr. Arunee Sabchareon und ihr Team im The Lancet vom 11. September vor. Es handelt sich um eine Phase-2b-Studie (1) in welcher Forscher mit Sitz in Frankreich und Thailand die Effektivität eines von Sanofi Pasteur entwickelten Vakzins mit dem Namen CYD-TDV an einer Gruppe von 4002 Schulkindern in Thailand im Alter von 4 bis 11 Jahren testeten. Die Erprobung fand in Thailand statt, weil Dengue bekannt dafür ist, endemisch in diesem Gebiet aufzutreten und die Einwohner sensibilisiert sind, die Krankheit und ihre Symptome zu erkennen.
Zwischen Februar 2009 und Februar 2010 erhielten 2669 Kinder das CYD-TDV-Vakzin mittels drei Injektionen und 1333 Kinder bekamen ein Placebo verabreicht. Insgesamt zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Anzahl der Dengue-Fälle in der Vakzin-Gruppe (76 Fälle oder 2,8%) und in der Placebo-Gruppe (58 Fälle oder 4,4 %). Jedoch erbrachten zusätzliche Tests (Real-Time PCR zum direkten Virusnachweis und NS1-Antigen ELISA), dass das Vakzin effektiv gegen DENV 1,3 und 4 wirkte (im Bereich von 60 bis 90%). Nur DENV 2 zeigte sich resistent gegen die Wirkung des Vakzins. Weiterhin erwies sich CYD-TDV in der Vakzin-Gruppe als sicher und gut verträglich und ohne Vakzin-bezogene schwerwiegende nachteilige Ereignisse.
Erste Schritte getan
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Phase-2b-Studie durch den Umstand, dass sie in einem einzigen geographischen Gebiet durchgeführt wurde, limitiert ist, sind jedoch davon überzeugt, dass die Ergebnisse nichtsdestotrotz einen substanziellen Fortschritt in der Entwicklung eines Dengue-Impfstoffes repräsentieren.
In einem damit zusammenhängenden Kommentar (2) in The Lancet schreibt Dr. Scott Halstead vom International Vaccine Institute in Seoul: „Die Ergebnisse dieses Vakzin-Versuchs liefern sichere Beweise für den Schutz gegen DENV 1, 3 und 4 bei mildem Krankheitsverlauf, aber nur unzureichende Daten, um die Vakzin-Effektivität bei schweren Verlaufsformen einschätzen zu können. Künftige Dengue-Vakzin-Versuche sollten stabile Beweise zur Wirksamkeit gegen schwere Krankheitsverläufe liefern, indem sie Bevölkerungsgruppen gewichtet auswählen, um eine ausreichende Anzahl von gefährdeten Kindern zu garantieren.“.
Der Virologie Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg fügt hinzu: "Aufgrund dieser Daten kann man jetzt nicht direkt losimpfen. Aber erstmals kann eine Studie zeigen, dass man sich vor Dengue schützen kann“, wenngleich der Impfstoff nur gegen 3 Serotypen wirke: „Es besteht kein Schutz gegen den Serotypen 2 – dieses Ziel ist also nicht erreicht worden.“ Zudem seien die Raten der Schutzwirkungen noch nicht so gut. Immerhin sei das Mittel, so Schmidt-Chanasit, relativ gut verträglich. „Ein Anfang ist damit auf jeden Fall gemacht und man kann mit dem Impfstoff weiterarbeiten“.
Wirksames Impfprinzip gefunden
Weshalb die Suche nach einem geeigneten Impfstoff-Kandidaten gegen Dengue so lange gedauert hat, erklärt Dr. Michael Pfleiderer, Leiter des Fachgebietes Virale Impfstoffe am Paul-Ehrlich-Institut in Langen. Mit einem falschen Impfprinzip richtet man mehr Schaden an, als es nutzt.“ Die 4 Serotypen von Dengue stellten ein besonderes Problem dar, denn „Antikörper gegen einen Dengue-Serotypen verschlimmern die Erkrankung, die durch einen der anderen Serotypen hervorgerufen wird“, erklärt Pfleiderer. Mit der Wahl von CYD-TDV, einem tetravalenten Impfstoff habe der Hersteller das richtige Impfprinzip gewählt, so Pfleiderer und fügt hinzu: „Der Beweis ist gelungen, dass es möglich ist, ein sicheres Immunisierungsprinzip zu etablieren, das ist ein guter Anfang“. Um Aussagen zur Wirksamkeit zu machen, sei es noch zu früh, jetzt müsse untersucht werden, warum es bei den Serotypen zu unterschiedlichen Immunantworten komme.