Nach Marathonlauf droht Lungenödem

Dr. med. Ludger Riem | 4. September 2012

Autoren und Interessenskonflikte

Menschen, die es mit der (fälschlicherweise) Winston Churchill zugeschriebenen These „Sport ist Mord“ halten, finden nun in den in Wien vorgestellten Ergebnissen einer multinationalen Arbeitsgruppe um Dr. Gerald Zavorsky von der Marywood University, Scranton, Pennsylvania, USA, eine gewisse Bestätigung. Die Gruppe hat bei 26 Teilnehmern des letztjährigen Steamtown Marathons im US-Bundesstaat Pennsylvania pneumologisch relevante Folgen dieser sportlichen Höchstleistung unter die Lupe genommen. Die Forscher wollten nämlich wissen, ob und in welchem Ausmaß sich bei den Extremsportlern Zeichen eines Lungenödems nachweisen lassen.

Zu diesem Zwecke wurde bei den Studienteilnehmern vor dem Lauf sowie 19, 56 und 98 Minuten danach ein Röntgen-Torax im posteroanterioren und lateralen Strahlengang angefertigt. Die 19-minütige Latenzzeit nach dem Lauf sollte sicherstellen, dass sich ein eventueller Anstieg des kapillären Blutvolumens wieder normalisiert hätte. Die angefertigten Aufnahmen wurden in der Folge von drei radiologisch kundigen Ärzten – darunter zwei für die Befundung eines Röntgen-Thorax besonders ausgewiesene Experten – befundet. Die Untersucher wussten nicht, zu welchem Zeitpunkt die Aufnahmen angefertigt worden waren.

Frauen besonders gefährdet

Nach Maßgabe von 8 radiologischen Kriterien wurde ein Summenscore gebildet, welcher potenziell von 0 (kein Ödem) bis 32 (schweres interstitielles Lungenödem) reichte. Bei allen Läufern zusammen genommen stieg der genannte Score von zuvor 1,5 nach dem Lauf auf 4,1, 3,7 und 2,8 an. Bei etwa jedem zweiten Läufer fanden sich zumindest diskrete Zeichen eines Lungenödems. Bei jedem fünften Läufer wurde die Diagnose eines mittelschweren bis schweren Lungenödems gestellt, welches auch nach einer Stunde noch persistent war. Besonders gefährdet sind nach Angaben Zavorskys offenbar Frauen, bei denen sich ein13-fach erhöhtes Risiko fand.

Die pathophysiologischen Grundlagen des Geschehens bleiben unklar, berichtete Zavorsky nun im Rahmen einer von der European Respiratory Society (ERS) auf ihrer Jahrestagung in Wien veranstalteten Pressekonferenz. Als wahrscheinlichste Ursache komme ein Anstieg des pulmonalen Verschlussdrucks in Betracht. Wichtige Fragen zu der Studie stellte Zavorsky gleich selbst: Sind die erhobenen Befunde klinisch relevant? Seine Antwort: wahrscheinlich nicht. Ist von einem Gefährdungspotenzial für die Athleten auszugehen? Zavorskys Antwort: Es sieht nicht danach aus. Wichtigster Verdienst der Studie? „Nice physiology“.

Referenzen

Referenzen

    22. Jahrestagung der European Respiratory Society (ERS), Wien, 1.-5.9.2012
    Vortrag 1655 plus
    PK 03.09.2012

Autoren und Interessenskonflikte

Dr. med. Ludger Riem
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