Kaum Risikounterschiede bei Adalimumab, Etanercept und Infliximab in der Langzeittherapie

Ute Eppinger | 12. August 2012

Autoren und Interessenskonflikte

Der Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) nimmt bei Entzündungsprozessen der Rheumatoiden Arthritis (RA) eine Schüsselstellung ein. Die Inhibition des TNF hat sich bei RA als effektive Therapie erwiesen. In Schweden werden rund 15 % der Patienten mit Rheumatoider Arthritis mit TNF-Blockern wie Adalimumab (ADA), Etanercept (ETA) und Infliximab (INF) behandelt.

Ob und inwieweit das Mortalitätsrisiko unter ADA, ETA oder INF bei schwedischen Patienten erhöht ist – das untersuchte jetzt die Studiengruppe um Dr. Julia Fridman Simard, Karolinska University Hospital, Stockholm. Ihre Ergebnisse, hier handelt es sich um Daten- und Fall-Auswertungen des Schwedischen Biologika Register (Swedish Biologics Register), stellten die Studiengruppe in „Arthritis & Rheumatism“ vor.

Simard und seine Kollegen untersuchten die Daten von RA-Patienten aus dem Register, die als ARTIS-Projekt (Antirheumatic Therapies in Sweden) Aufschluss darüber geben, wie viele schwedische RA-Patienten mit Biologika behandelt werden. In die Studie aufgenommen wurden 6322 Patienten, deren Biologika-Therapie zwischen 2003 und 2008 begann.

1609 Probanden erhielten Adalimumab (ADA), 2628 Patienten bekamen Etanercept (ETA) und 2027 Studienteilnehmer schließlich wurden mit Infliximab (INF) behandelt. Die im Biologika Register enthaltenen Patientendaten wurden hinsichtlich Charakteristika der Erkrankung, Komorbiditäten, Todesfällen und parallel laufenden Behandlungen mit anderen TNF-Inhibitoren ausgewertet. Relative Risiken (RRs) wurden anhand einer multivariabel eingestellten und gewichteten Cox-Regression dargestellt.

Bei einigen Probanden änderte sich während des Follow-up die Medikation: 514 (19%) der Etanercept-Empfänger, 408 (25%) der Adalimumab-Empfänger und 718 (36%) der Infliximab-Patienten stieg auf eine andere Medikation oder DMARD (disease-modifying anti-rheumatic drugs) um. Wie erwartet wiesen die Patienten, die zu einem anderen Mittel wechseln mussten, eine höhere Krankheitsaktivität, einen schlechteren Funktionsstatus und höhere Entzündungswerte auf.

Unter den 6322 Probanden und während der Dauer von 19118 Personenjahren verstarben 211 Patienten (3,3 % oder 1,1 Todesfälle pro 100 Personenjahren). 85 % (179) der Todesfälle ereigneten sich unter den Probanden, die mit nur einem TNF-Inhibitor behandelt worden waren. Die meisten Todesfälle ereigneten sich aufgrund von Neoplasien (30,3 %), gefolgt von Erkrankungen des Kreislaufs (26,5 %), des Bewegungsapparates (12,8 %) und der Atemwege (8,5 %).

Simard und seine Kollegen fanden hinsichtlich der Mortalität keinen statistisch signifikanten Unterschied, ungeachtet der Cox-Regression. Die spezifisch auf die Arzneimittel zurückzuführenden Risiken lagen bei 0,62 (95% CI 0,21-1,79) für Infliximab, bei 2,34 (95% CI 0,67-8,12) für Etanercept und bei 2,04 (95% CI 0,64-6,51) für Adalimumab.

Es ging allein um den Substanzvergleich

„Die Auswertung aus dem schwedischen Biologika-Register war ausschließlich darauf ausgelegt, Unterschiede zwischen den Substanzen zu finden, da kam nichts heraus“, erklärt Prof. Dr. Klaus Krüger, Sprecher der Kommission Pharmakotherapie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) gegenüber Medscape. Aus anderen Kohorten-Untersuchungen, so Krüger weiter, „wissen wir, dass TNF-Inhibitoren die Mortalität von RA-Patienten verringern. Und zwar deutlich ausgeprägter, als das unter klassischen DMARDs wie Methotrexat der Fall ist“. Das Studienergebnis wertet Krüger als sehr erfreulich, denn: „Wir wissen ja aus Daten, die in den 80er und 90er Jahren erhoben wurden, dass die Mortalität von unbehandelten RA-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung rund fünffach höher liegt.“

Das deutsche Biologika-Register RABBIT (Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie), in dem knapp 11.000 RA-Patienten vermerkt sind, konnte jetzt erstmals zeigen, dass diese eine normale Lebenserwartung aufweisen, wenn es gelingt, die Krankheitsaktivität dauerhaft unter Kontrolle zu halten. Allerdings birgt die Therapie mit TNF-Blockern ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Infektionen.

 „Inzwischen können wir aufgrund der Register-Daten das Mortalitäts-, Krebs- und Infektionsrisiko der Patienten gut einschätzen“, erläutert Professor Dr. Angela Zink, Leiterin des Programmbereichs Epidemiologie am Deutschen Rheuma Forschungszentrum in Berlin, anlässlich eines Gesprächs im Vorfeld des 40. DGRh-Kongresses in Berlin vom 19. bis 22. September 2012. Gelänge es, die Krankheitsaktivität unter Kontrolle zu halten, wiesen RA-Patienten eine normale Lebenserwartung auf, so Zink. Bei anhaltend hoher Krankheitsaktivität allerdings sei die Sterblichkeit dreimal höher als in der Normalbevölkerung.

„Die Sterblichkeit der mit Biologika behandelten Patienten ist nach den RABBIT-Daten im Vergleich zu konventioneller Therapie deutlich verringert“, fügt die DGRh-Expertin hinzu. Aufgrund der Daten des RABBIT-Registers hat das Team um Zink einen Score entwickelt, mit dem sich das Risiko eines RA-Patienten berechnen lässt. Darin sind Alter, Komorbidität, Funktionsstatus, frühere Infektionen, bisherige Therapieversuche, die Dosis der begleitend verabreichten Glukokortikoide,  die Behandlung mit TNF-Blockern oder mit konventioneller Therapie erfasst. Dabei werde das Gesamt-Risiko jedes Patienten betrachtet, erklärt Zink und fügt hinzu: „Wir empfehlen im Einzelfall eine Nutzen-Risiko-Abwägung“. Der Score-Rechner steht im Internet jedem Arzt zur Verfügung.

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Autoren und Interessenskonflikte

Ute Eppinger
Es liegen keine Interessenkonflikte vor

JF Simard and J Askling wurden teilweise vom Strategic Research Program in Epidemiology am Karolinska Institut, Stockholm, gefördert. Weitere Fördermittel stammen von der Swedish Foundation for Strategic Research, und dem privaten Forschungskonsortium COMBINE. Die ARTIS Studiengruppe analysiert Daten aus dem Swedish Biologics Register ARTIS der Swedish Society for Rheumatology. Diese erhält ihrerseits Fördermittel für ihre unabhängigen Analysen von Schering-Plough, BMS, Wyeth, Abbott Laboratories, UCB, and Roche.

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