Bronchiektasen – schlaffe, bevorzugt in mittleren Bronchialgenerationen lokalisierte Aussackungen der Atemwege – sind aus leicht nachvollziehbaren Gründen ein Prädilektionsort für bakteriell bedingte Entzündungen. Von diesen Entzündungen künden am Ort des Geschehens Eiteransammlungen mit massenhaftem Nachweis neutrophiler Granulozyten. Für den nicht bronchoskopisch tätigen Laien sind permanenter Husten und enorme Mengen von weder optisch noch olfaktorisch appetitlich anmutendem Auswurf charakteristische Zeichen der Erkrankung. Schon aus den folgenden beiden Gründen dürfte der Umgang mit nicht genetisch, insbesondere also auch nicht durch eine cystische Fibrose (CF) bedingten, Bronchiektasie-Patienten künftig zu einer zunehmenden Herausforderung werden: Die Volkskrankheit COPD gilt als eine maßgebliche Ursache von Bronchiektasen und Bronchiektasen lassen sich mittels hochauflösender Bildgebung immer besser diagnostizieren.
Für die in Neuseeland in doppelblindem und Plazebo-kontrolliertem Studiendesign durchgeführte EMBRACE (Effectiveness of Macrolides in patients with BRonchiectasis using Azithromycin to Control Exacerbations)-Studie rekrutierten Dr. Conroy Wong vom Auckland’s Middlemore Hospital und Kollegen 142 erwachsene Patienten mit nicht-CF-bedingten Bronchiektasen. Nach Randomisierung führten sie diese Patienten einer halbjährlichen Antibiotika-Prophylaxe mit 3 mal 500 mg/Woche Azithromycin beziehungsweise Plazebo zu. Im Verlauf der ersten 6 Monate kam es unter dieser Prophylaxe zu 42 Exazerbationen, unter Plazebo hingegen zu 103. Daraus errechnet sich eine relative Risikoreduktion um 62 %. Eine Exazerbation wurde definitionsgemäß dann unterstellt, wenn mindestens ein neues pulmonales Ereignis – beispielsweise Dyspnoe oder Auswurf eitrigen Sputums – eine Antibiotikatherapie veranlasste. In diesem Falle waren die Studienärzte angehalten, keine Makrolide einzusetzen.
Relative Risikoreduktion von 42 % nach einem Jahr
Nach der 6-monatigen Makrolidprophylaxe wurden alle Patienten ein weiteres halbes Jahr nachbeobachtet. Im gesamten einjährigen Beobachtungszeitraum wurden in der Verum-Gruppe 109 und in der Plazebo-Gruppe 178 Exazerbationen verzeichnet. Diese Zahlen reichten aus, um auch für den Einjahres-Zeitraum noch eine statistisch signifikante relative Risikoreduktion von 42 % errechnen zu können. Aufgrund dieses Faktums – wie von Wong und Kollegen postuliert – lang, also über weitere 6 Monate anhaltende Effekte der Prophylaxe in den Raum zu stellen, ist schwerlich nachvollziehbar. Tatsächlich unterschied sich die Absolutzahl der im zweiten Halbjahr dokumentierten Exazerbationen in beiden Gruppen nur noch geringfügig – 67 versus 75. Für diese Differenz bietet das pharmakokinetische Profil des Makrolids Azithromycin mit seiner sehr langen Verweildauer im Gewebe eine plausible Erklärung. Auf welche Weise die Prophylaxe freilich auch nach mehreren Monaten noch Wirkung zeigen sollte, bleibt das Geheimnis der neuseeländischen Arbeitsgruppe.
Bezüglich weiterer als primäre Studienendpunkte definierter Erfolgsparameter erwies sich die Makrolidprophylaxe zudem als wirkungslos. So fanden sich etwa bezüglich der gemessenen Lungenfunktionsparameter – u.a. prä- und postbronchodilatatorischer FEV1 (forciertes expiratorisches Sekundenvolumen) – zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede. Gleiches galt auch für die mittels SGRQ (St. George’s respiratory questionaire) erfasste Lebensqualität.
Insgesamt wurde die Antibiotika-Prophylaxe von den Patienten gut vertragen. Nebenwirkungen jedweder Art waren in der Verum-Gruppe sogar seltener (83 %) als unter Plazebo (93 %). Als häufigste Nebenwirkung mit einem möglichen bzw. wahrscheinlichen kausalen Bezug zur Studienmedikation berichteten 27 % der Verum-Patienten über gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall, Erbrechen etc. Unter Plazebo betrug diese Rate 13 %. Die Frage einer möglichen Makrolidresistenz wurde in der Studie nicht systematisch untersucht, ist aber gleichwohl von klinischer Relevanz. Tatsächlich fanden sich bei zwei Verum-Patienten gewissermaßen als Zufallsbefund Makrolid-resistente Pneumokokken. Aufgrund der generellen Resistenzproblematik stehen in Deutschland insbesondere Pädiater der massenhaften Verordnung von Makroliden in der Erwachsenenmedizin kritisch gegenüber. Sie befürchten nämlich, dadurch eine ihrer wichtigsten antimikrobiellen Waffen zu verlieren.