Vorhofflimmern ist bei gesunden jungen Frauen ein seltener Befund – solange das Körpergewicht im Normbereich liegt. Mit zunehmender Rubens-Figur steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, an Vorhofflimmern zu erkranken. „Adipositas erhöht erheblich das Vorhofflimmerrisiko bei jungen Frauen“, berichtete Dr. Deniz Karasoy vom Kardiovaskulären Forschungszentrum Gentofte in Kopenhagen, Dänemark, auf dem Europäischen Kardiologenkongress, der vom 25. bis 29. August 2012 in München stattfindet.
Karasoy stellte die Ergebnisse einer registerbasierten dänischen Kohortenstudie vor, in der die Daten von rund 271.000 offensichtlich gesunden jungen Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren ausgewertet wurden, die zwischen 2004 und 2009 ihr erstes Kind zur Welt gebracht hatten. Die Frauen wurden im Schnitt 4,6 Jahre nachbeobachtet. In der Studie wurde gezielt nach dem Zusammenhang von Vorhofflimmern und Body-Mass-Index (BMI) bei jüngeren Frauen (definiert als Frauen im gebärfähigen Alter) gefahndet. Nach Adjustierung der Ergebnisse für zahlreiche Variablen wie Alter, Komorbiditäten, Rauchen und Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft zeigte sich eine klare Korrelation zwischen der Erstmanifestation von Vorhofflimmern und Adipositas: Im Vergleich zu schlanken Frauen (BMI 18,5–25 kg/m2) war das Vorhofflimmerrisiko bei adipösen Frauen (BMI 30–35 kg/m2) verdoppelt (Hazard Ratio [HR] 2,04, Konfidenzintervall [KI] 1,13–3,69; p = 0,01). Bei stark adipösen Frauen (BMI > 35 kg/m2) kletterte das Risiko sogar auf das Dreifache (HR 3,5, KI 1,86–6,58); p < 0,0001).
„Effektive Strategien zur Gewichtsreduktion könnten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die fast schon endemischen Ausmaße von Vorhofflimmern einzudämmen“, betonte Karasoy. Eine wirksame Prävention ist von hoher klinischer Relevanz, denn Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung in der Praxis. Pro Jahr erleiden etwa 3–7% der Patienten mit Vorhofflimmern arterielle Embolien aus dem linken Herzohr. „Etwa jeder sechste Schlaganfall tritt bei Patienten mit Vorhofflimmern auf“, erinnerte Karazoy.
Thromboembolischer Schlaganfall: Weibliches Geschlecht doch kein unabhängiger Risikofaktor?
Das Thema Vorhofflimmern wird umso wichtiger, je weiter die Frauen in die Jahre kommen. Zum einen steigt die Inzidenz von Vorhofflimmern mit zunehmendem Lebensalter, zum anderen schnellt das Schlaganfallrisiko bei älteren Frauen dramatisch in die Höhe: „Bei Frauen über 75 Jahren und Vorhofflimmern steigt das Risiko, dass ein thromboembolischer Schlaganfall auftritt, um 20% an“, so Anders Mikkelsen, ebenfalls vom Kardiovaskulären Forschungszentrum Gentofte in Kopenhagen, Dänemark. Er stelle eine weitere Registerstudie aus Dänemark vor, die das Schlaganfallrisiko bei Frauen mit Vorhofflimmern fokussierte. Ausgewertet wurden die Daten von 87.202 Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern. Rund die Hälfte waren Frauen (51,8%).
Bisher gilt weibliches Geschlecht als unabhängiger Risikofaktor für einen thromboembolischen Schlaganfall. Bei jüngeren Frauen mit Vorhofflimmern lag das Schlaganfallrisiko jedoch im selben Bereich wie bei den Männern. In den 2010 aktualisierten ESC-Leitlinien sowie in den üblichen Risiko-Scores zur Einschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern (CHADS2, CHA2DS2-VASc) wird weibliches Geschlecht als unabhängiger Risikofaktor für einen thromboembolischen Schlaganfall aufgeführt, erinnerte Mikkelsen. Nach seinen Worten sollte dieser Punkt genauer unter die Lupe genommen werden: „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass Frauen mit Vorhofflimmern nur dann ein höheres Risiko für einen thromboembolischen Schlaganfall als gleichaltrige Männer haben, wenn sie älter als 75 Jahre sind.“