Offenburg
Durch die Anreicherung der Milch von Schulkindern mit täglich 300 Internationalen Einheiten (IE) Vitamin D ist es in der Mongolei gelungen, die Häufigkeit von Atemwegsinfekten zu halbieren. Dies sei eine “klinisch und statistisch signifikante Reduktion”, schreiben die Studienautoren unter Leitung von Dr. med. Carlos A. Camargo (Massachusetts General Hospital und Harvard Medical School, Boston/USA) und Dr. med. Davaasambuu Ganmaa (Harvard School of Public Health, Boston und Health Sciences University of Mongolia, Ulaanbaatar/Mongolei) in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Pediatrics.
Mehrere Beobachtungsstudien hatten zuvor auf eine erhöhte Anfälligkeit für Erkältungen infolge Vitamin-D-Mangels hingedeutet. Die erste randomisierte, kontrollierte Studie über Vitamin D-Supplementation und Atemwegsinfektionen bei Kindern hatte dann im Jahr 2010 erbracht, dass es weniger Fälle von Influenza A gab, die Häufigkeit einer Influenza B-Infektion blieb indes unverändert. Die jetzt veröffentlichte Untersuchung enthält die Auswertung zweier Studienarme der bereits im Vorjahr veröffentlichten Blue Sky Study mit insgesamt 744 mongolischen Schulkindern.
Verglichen wurden hierbei 104 Kinder, die Milch ohne weitere Zusätze erhalten hatten, mit 143 Kindern, deren Milchrationen jeweils mit 300 IE Vitamin D angereichert worden war. Hauptzielkriterium war die von den Eltern retrospektiv berichtete Anzahl von Atemwegsinfektionen über den dreimonatigen Versuchszeitraum hinweg.
Während in der Kontrollgruppe durchschnittlich 0,80 solcher Infektionen beobachtet wurden, waren es bei den Empfängern der angereicherten Milch im Mittel 0,45 Infektionen. Dieser signifikante Unterschied (p = 0,047) hatte auch nach Einberechnung der Unterschiede von Alter, Geschlecht und Husten in der Vorgeschichte in den beiden Gruppen Bestand. Das Risiko von Atemwegsinfektionen wurde gemäß dieser Berechnung exakt halbiert (RR = 0,50).
Weniger Grippe in der kältesten Hauptstadt der Welt
Der Studienort Ulaanbaatar (Ulan-Bator) liegt auf 48 Grad nördlicher Breite und gilt mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von – 2° C als die kälteste Hauptstadt der Welt. Dies begünstigt im Winterhalbjahr einen Vitamin D-Mangel, weil diese Substanz überwiegend unter dem Einfluss von UV-Strahlen in der Haut synthetisiert wird. Die Anreicherung der Milch mit Vitamin D ist in der Mongolei nicht üblich, sodass der Serumspiegel von 25-Hydroxyvitamin D bei den 247 Dritt- und Viertklässler zu Beginn der Studie durchschnittlich bei nur 7 ng/mL lag. Zum Ende der Studie war dieser Wert in der Kontrollgruppe unverändert, in der Verum-Gruppe dagegen auf 19 ng/mL gestiegen.
Hierzulande empfiehlt die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), einen Wert von mindestens 20 ng/mL anzustreben: „Menschen, die sich häufig in der Sonne aufhalten, können das durch die körpereigene Vitamin D-Produktion erreichen. Nur wenn diese fehlt oder unzureichend ist, ist die Einnahme eines Vitamin D-Präparats angezeigt“, heißt es auf der Webseite der DGE.
Ulaanbaatar liegt ähnlich weit im Norden wie Montreal und Paris, bemerken die Studienautoren, viele größere nordamerikanische und europäische Städte auf nochmals höheren Breitengraden. „Obwohl unsere Daten aus der randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) einen ursächlichen Zusammenhang nahelegen, brauchen wir weitere RCTs in anderen Populationen mit einem erhöhten Risiko für Vitamin-D-Defizienz und Atemwegsinfektionen“, räumen die Studienautoren ein.