Schöne neue Welt: Sechs Highlights von der Exponential Medicine

Shari Langemak | 26. November 2014

Autoren und Interessenkonflikte

Start in eine neue Ära der Medizin

„Exponential Medicine“. Moderiert vom Lehrstuhlinhaber Daniel Kraft, blicken auf dieser Konferenz Experten aus Kliniken, Laboren, Startups und öffentlichen Institutionen in die Zukunft der Medizin. Besonders heiß wurden in diesem Jahr die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz, Big Data, 3D-Printing, Gensequenzierung und Bio-Engineering diskutiert. Die spannendsten Ergebnisse lassen wir in dieser Slideshow noch einmal Revue passieren.

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von der Singularity University

Dia 1

Neue Aufgaben für Ärzte

Vinod Khosla unterstützt Entrepreneure dabei, einflussreiche Unternehmen für die Zukunft zu gründen. Unter denen, die sich medizinischen Problemen widmen, hätte wohl derzeit smarte Big-Data-Analysen die größte Chance auf ein Investment von Khosla Ventures. „Mir macht es Angst, dass mir drei Ärzte bei dem gleichen medizinischen Problem drei unterschiedliche Medikamente verschreiben würden“, sagte Khosla. Derzeit habe jedes Krankhaus sein eigenes Behandlungsprotokoll – aber naturgemäß könne nicht jedes richtig liegen. Der Investor ist sich sicher, dass intelligente Computersysteme bessere Entscheidungen als Ärzte fällen könnten, und dass bereits in 20 Jahren Diagnose, Monitoring und Verschreibung in technischer Hand liegen würden. „Wählt nach Anzahl der Spiegelneuronen und nicht nach IQ aus“, riet er deshalb den Personalabteilungen von Krankenhäusern. Denn bei den Ärzten der Zukunft würde vor allem Empathie und weniger Bestnoten über die Qualität ihrer Behandlung entscheiden.

Dia 2

Verschmelzung von Mensch und Technik

Im Jahr 2006 sollte sich das Leben von Nigel Ackland für immer verändern. Bei einem Arbeitsunfall verlor der Brite seinen kompletten rechten Unterarm und damit viele Freiheiten im Alltag. 6 Jahre später bekam er viele davon zurück: Ackland ist einer der ersten Menschen weltweit, die mit der sogenannten Bebionic Hand leben. Der Robo-Arm hat ihm viele Funktionen eines richtigen Arms wiedergegeben. Und die Funktionen nehmen weiter zu. Mittlerweile kann Ackland optimistisch in die Zukunft blicken: „Eine Veränderung des Lebens muss kein Ende des Lebens bedeuten“, schlussfolgerte er aus seiner persönlichen Erfahrung.

Dia 3

Ingenieure des Genoms

Bio-Hacking, also die gezielte Manipulation des Genoms oder des Mikrobioms, wird die Medizin schon bald dramatisch verändern – davon ist Raymond McCauley, Biotech-Vorsitzender an der Singularity University, fest überzeugt. Ein Austausch des Mikrobioms könnte beispielsweise das Depressionsrisiko senken. Zudem glaubt McCauley, das zunehmend mehr Eltern von der vorgeburtlichen Gendiagnostik Gebrauch machen werden, um über die Eigenschaften ihres zukünftigen Kindes zu entscheiden. Die Genom-Analyse soll aber laut McCauley auch bei der gezielten Bekämpfung von Krankheiten zunehmend wichtiger werden. So sei gerade erst das CRISPR/Cas9 auf den Markt gebracht worden, mit dem sich gezielt Krankheits- bzw. Risikogene ausschalten lassen. Mit den Knockouts könnte man die Menschheit gegen Gastroenteritis wie auch gegen HIV resistent machen.

Dia 4

Folgen der zunehmenden Gensequenzierung

Im Jahr 1998 gründete Dr. Craig Venter das Unternehmen Celera Genomics, das bereits 3 Jahre später Wissenschaftsgeschichte schrieb: Den Forschern gelang es erstmalig, das menschliche Genom vollständig zu sequenzieren. Damit gilt Venter bereits jetzt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten weltweit, doch am Ende mit seinem Forschungsehrgeiz ist er noch lange nicht angelangt. Bei seinem Talk berichtete Venter über seine derzeitigen Großprojekte, die die Wissenschaft abermals revolutionieren sollen.

Dia 5

Genom-Teleportation und Datenbank für die Menschheit

Eins von Venters Teams arbeitet an einer Art Gen-Übersetzungsmaschine. Damit ist es möglich, Gensequenzen einzulesen und in die Einsen und Nullen der Computerwelt zu übersetzen. Doch die Technik erlaubt auch den umgekehrten Weg, nämlich die Übersetzung digitaler Daten in eine Gensequenz – und das gewinnt zunehmend mehr an Bedeutung bei der Bekämpfung von Epidemien. „Pandemien werden der Vergangenheit angehören“, verkündete Venter, da mögliche Erreger-Gensequenzen am Ort ihres Entstehen eingescannt und dann an entfernt gelegene, aber künftige gefährdete Orte gesendet werden könnten.

In einem weiteren Projekt mit der von Venter gegründeten Human Longevity, Inc. soll eine einzigartige Datenbank über alle biologischen Informationen des Menschen aufgebaut werden. Bis Ende 2015 wollen wir 100.000 menschliche Genome sequenziert haben“, sagte Venter – doch damit nicht genug. Die Datenbank soll neben dem Genom auch Mikrobiome, Phänotypen, Metabolom und Bildgebungs-Daten enthalten.

Dia 6

Der Fortschritt kommt schneller als gedacht

Ray Kurzweil hat viele Titel, und ist unter anderem in seiner Rolle als Director of Engineering bei Google und als Co-Founder der Singularity University bekannt. Bei der Exponential Medicine ließ er sich über ein sogenanntes Smart Presence Device (SPD) zuschalten. Der Futurist warnte davor, den Fortschritt in Medizin und Gesundheit zu unterschätzen. Oft würde aufgrund mangelnder Vorstellungskraft ein linearer Fortschritt erwartet. Tatsächlich sei die Veränderung aber exponentiell. Besonders begeistert zeigte sich Kurzweil über neue Entwicklungen in der Krebstherapie. „Chemotherapie und Bestrahlung können Krebszellen, aber keine Krebsstammzellen eliminieren. Nun haben wir eine Therapie, die beides kann“, sagte Kurzweil. Dabei bezog er sich auf eins seiner Projekte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, bei dem Forscher nach spezifischen Antigenstrukturen auf der Oberfläche von Krebsstammzellen fahnden – und Wirkstoffen, die über eine Interaktion mit diesen Antigenen einen Zelltod initiieren. Derzeit seien die ersten Studien am Menschen geplant.

Dia 7

Cloud im Kopf

Während der Krebsstammzellkiller bereits in näherer Zukunft Eingang in die Klinik finden soll, werden andere Innovationen wohl noch etwas länger bis zur Marktfreigabe brauchen. So berichtete Kurzweil von der Möglichkeit, das Gehirn technisch aufrüsten zu lassen. „In Zukunft werden wir Nanodevices direkt am Neokortex installieren können, die unser Gehirn mit einem zusätzlichen Kortex in der Cloud verbinden“, sagte Kurzweil. Das solle dann beispielsweise dabei helfen, tiefere Gedanken zu spinnen, humorvoller zu sein oder stärker zu empfinden.

Dia 8

Das Ende des Alterns

Altern ist kein notwendiges Übel, sondern ein aufzuhaltender Prozess, meinte Dr. Aubrey de Grey. Der Gründer der SENS Foundation, einer gemeinnützigen Forschungsorganisation, hat dem Altern den Kampf angesagt – und damit auch vielen Volkskrankheiten. „Krebs, Alzheimer, Atherosklerose – all das sind Konsequenzen des Alterungsprozesse, auch wenn sie immer noch als Krankheiten zusammengefasst werden“, sagte de Grey. Sein Ziel ist es, durch die Beseitigung der Altersschäden auch diesen Krankheiten beizukommen. Ein Schlüssel sei dabei nicht nur die Stammzelltherapie. „Wir müssen anerkennen, dass auch Umgebungsfaktoren einen großen Einfluss auf das Altern haben“, sagte de Grey.

Dia 9

Arteriosklerose an der Wurzel stoppen

Einer dieser Faktoren, mit denen sich die SENS Foundation beschäftigt, ist 7-Ketocholesterin (7-KC). Die oxidierte Cholesterinvariante kann von Leukozyten nicht verdaut werden und bildet damit den Ursprung des Inflammationsprozesses. Einige Bakterienzellen besitzen allerdings ein Enzym, mit dem sie 7-KC verdaubar machen können. Mittels Gentherapie soll dieses Enzym auch in menschliche Zellen eingeschleust werden und so die Inflammation verhindern. Erste Studien hätten bereits positive Ergebnisse dazu gezeigt.

Dia 10

Referenzen

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Mitarbeiterinformationen

Autor:

Shari Langemak
Editorial Director Medscape Deutschland

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