Bauchschmerzen zählen in der Notaufnahme einer Klinik zu den häufigsten Konsultationsgründen. Leider lässt sich die genaue Ursache einer gastrointestinalen Symptomatik nur selten ohne Weiteres erkennen. Verzögerungen bei der Diagnostik und der Therapie können jedoch bei vielen abdominalen Erkrankungen fatale Folgen haben. Versuchen Sie, die potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen mit gastrointestinalem Beschwerdebild zu diagnostizieren.
Ein 61-jähriger Mann mit Schmerzen im rechten oberen Quadranten und Fieber kommt in die Notaufnahme. Die Frage nach Übelkeit oder Erbrechen verneint er. In der Anamnese fallen ein Diabetes und eine KHK auf. Bei weiterem Nachfragen gibt der Patient an, bereits mehrfach episodenhafte Bauchschmerzen gehabt zu haben, die jedoch von selbst wieder weggegangen seien.
Auf welche schwere Erkrankung weist das Ergebnis der eingeleiteten Abdomenübersichtsaufnahme hin?
a) Darmischämie
b) rupturiertes Bauchaortenaneurysma
c) Cholezystitis emphysematosa
d) Hydatidenzyste der Leber
Bild: Medscape

Antwort: c) Cholezystitis emphysematosa
Die Cholezystitis emphysematosa ist eine Infektion der Gallenblasenwand mit Gasbildnern [1]. Ursächlich kommen eine Perfusionsstörung bei Cholelithiasis, eine Immunsuppression oder die iatrogene Infiltration durch vorherige Eingriffe infrage. Das typische Beschwerdebild besteht aus Abdominalschmerzen im rechten oberen Quadranten mit Fieber und betrifft oft ältere männliche Diabetiker. Im Röntgenbild kann Luft in der Gallenblasenwand erkennbar sein, wie es auch die vorherige Abbildung zeigt. Eine Bestätigung kann im CT erfolgen (s. Abb.). Bei der Cholezystitis emphysematosa handelt es sich um einen chirurgischen Notfall mit einer Mortalität von 15–20 % [2].
Bild: Medscape
Anderthalb Stunden nach einer Episode mit akutem Erbrechen erscheint ein 32-jähriger Mann in der Notaufnahme, weil er seit dem unter schweren Thoraxschmerzen leidet. Sein Atem riecht nach Alkohol. Seine Freunde geben an, dass es ihm vor dem Erbrechen noch gut gegangen sei. Der Blutdruck beträgt 95/50 mmHg. Ein sogleich abgeleitetes EKG zeigt eine Sinustachykardie von 130/min ohne ST-Strecken-Veränderungen. Die im Mund gemessene Temperatur liegt bei 37,8° C. Seine Sauerstoffsättigung bei Raumluft beträgt 98 %.
Die Abbildung zeigt den Befund der angeforderten Röntgenthoraxuntersuchung. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?
a) akuter Myokardinfarkt
b) Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom)
c) linksseitiges Empyem
d) perforiertes Magenulkus
Bild: Medscape

Antwort: b) Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom)
Das Boerhaave-Syndrom bezeichnet eine Ruptur des Ösophagus, die alle Wandschichten betrifft und typischerweise nach alkoholbedingtem plötzlichem und forciertem Erbrechen auftritt [3]. Die Mortalität ist sehr hoch, weshalb die sofortige chirurgische Intervention unerlässlich ist. Der Röntgenthorax auf dem vorherigen Bild zeigt einen linksseitigen Pleuraerguss, was bei Patienten mit Boerhaave-Synrom der häufigste radiologische Befund ist. Die dabei entstehenden Schmerzen treten meist akut und sehr stark auf und werden irgendwo zwischen Abdomen und Hals lokalisiert. Die Patienten können rasch tachykard, tachypnoeisch und hypoton werden und in einen Schock geraten. Auch eine Mediastinitis kann sich entwickeln. Bei der Auskultation des Thorax ist möglicherweise das Hamman-Zeichen positiv (knirschend-knackendes Geräusch, meist synchron mit dem Herzschlag) [3]. Mithilfe des Thorax-CTs lässt sich die Diagnose Boerhaave-Syndrom sichern. Manchmal ist ein vom Ösophagus abzweigender Gang nachweisbar (s. Pfeil).
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ali Nawaz Khan
Ein 81-jähriger Mann mit fortgeschrittener Parkinson-Krankheit wird von seinem Pflegeheim wegen krampfartiger Bauchschmerzen, die seit einem Tag andauern, eingeliefert. Die Schmerzen sind mäßig ausgeprägt und werden vornehmlich im linken unteren Quadranten wahrgenommen. Der Patient gibt zudem an, dass sein Bauch übermäßig aufgetrieben sei. In der Vorgeschichte fällt eine chronische Obstipation auf. Periumbilikal besteht eine mäßige Druckschmerzhaftigkeit ohne Abwehrspannung oder Loslassschmerz. Nach der rektalen Untersuchung befindet sich kein Stuhl am Handschuh.
Die Abbildung zeigt die anschließende Abdomenübersichtsaufnahme. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?
a) Invagination
b) Schenkelhernie
c) Koteinklemmung
d) Sigmavolvolus
Bild mit freundlicher Genehmigung von Radiopaedia/Dr MT Niknejad

Antwort: d) Sigmavolvolus
Im CT ist die Sigmadilatation (s. Pfeile) bei normalem proximalem Kolon sichtbar. Das größte Erkrankungsrisiko haben bettlägerige Patienten und Personen mit neuropsychiatrischen Störungen, da viele psychoaktive Substanzen die Darmmotilität beeinträchtigen [4]. Eine weit ausladende Sigmaschlinge im Rahmen einer Sigmaelongation bedeutet ebenfalls einen Risikofaktor. Die Patienten stellen sich typischerweise mit akuten Bauchschmerzen, Krämpfen, aufgetriebenem Abdomen und Verstopfung vor. Als Sofortmaßnahmen werden zur Stabilisierung Infusionen angehängt und eine Breitbandantibiose gestartet. Bei krisenhafter Zuspitzung ist eine definitive Versorgung nur operativ möglich, während bei stabilen Patienten auch die endoskopische Dekompression eine mögliche Alternative ist [4].
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Neelu Pal
Ein 50-jähriger Mann meldet sich wegen akut einsetzender Bauchschmerzen mit Fieber, Übelkeit und Erbrechen in der Notaufnahme. Die Symptome hatten nach dem Stuhlgang eingesetzt. In den letzten Stunden hatte sich auf seinem Bauch ein großflächiger „Ausschlag“ gebildet (s. Abbildung). Seine Frau gibt an, dass er, seit sie das Haus verlassen haben, zunehmend verwirrt agiere. Anamnestisch erwähnenswert ist eine tiefe Venenthrombose, weshalb der Patient Warfarin einnimmt.
Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?
a) akute Pankreatitis
b) Rektusscheidenhämatom
c) Nahrungsmittelallergie
d) inkarzerierte Hernie
Bild: Medscape

Antwort: b) Rektusscheidenhämatom
Das Rektusscheidenhämatom entsteht meist durch die Ruptur einer epigastrischen Arterie oder durch einen Muskelriss mit Gefäßbeteiligung [5]. Bei normalen Gerinnungswerten stecken gewöhnlich ein schweres Trauma oder Überanstrengung dahinter. Bei Patienten unter Antikoagulation können jedoch schon an sich harmlose Aktionen wie ein Valsalva-Manöver, Husten oder Niesen eine Blutung verursachen. Bei einem posterior des M. rectus abdominis lokalisierten Hämatom kann die Palpation recht schwierig sein, doch ist es dann im CT gut erkennbar (Pfeile) [5]. Wenn das Hämatom nicht selbstbegrenzend ist, kann es sich weiter ausbreiten und hämodynamisch wirksam werden. Die Betroffenen werden mit Mitteln zur Umkehr der Antikoagulation (z.B. Prothrombinkomplexpräparate bei Warfarin-Therapie) und Transfusionen behandelt sowie operativ versorgt.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. David Gordon
Eine 50-jährige Frau erscheint in der Notaufnahme und klagt über profusen, übel riechenden und wässrigen Durchfall mit Erbrechen. Die Beschwerden seien in den vergangenen 24 Stunden immer schlimmer geworden und sie habe 40,6° C Fieber. In der Vorgeschichte sind keine nennenswerten Erkrankungen auffällig, doch habe sie kürzlich aufgrund einer Infektion Ampicillin verordnet bekommen. Die angeforderte Abdomenübersichtsaufnahme erbrachte diesen Befund (Abbildung).
Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?
a) Lebensmittelvergiftung
b) Mesenterialinfarkt
c) Giardiasis
d) pseudomembranöse Kolitis
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Vinay K. Gheyi

Antwort: d) pseudomembranöse Kolitis
Bei der pseudomembranösen Kolitis handelt es sich um eine akute Dickdarmentzündung, die durch Exsudation von Fibrin und dessen Ablagerung auf den Kolonwänden gekennzeichnet ist (sog. Pseudomembranen; Abbildung) [6]. Zu den Leitsymptomen gehören der großvolumige Durchfall und das Fieber mit einer Antibiose in der jüngeren Vorgeschichte. In der Abdomenübersichtsaufnahme können ein Schleimhautödem (siehe vorherige Abbildung) und ein (paralytischer) Ileus erkennbar sein. Mithilfe der Röntgenaufnahmen kann auch die Differenzialdiagnose eines toxischen Megakolons ausgeschlossen werden. Im CT sind oft eine Aufweitung des Darmlumens, eine diffuse Darmwandschwellung und eine perikolonische Entzündung erkennbar [6]. In schweren Fällen kann sich ein toxisches Megakolon entwickeln oder es kommt zur Ruptur. In solchen Fällen ist mitunter die notfallmäßige Dickdarmresektion notwendig.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Eric M. Osgard
Ein 26-jähriger Mann wird von einigen Zollbeamten in die Notaufnahme gebracht, da er agitiert wirkt und wegen seines unkooperativen Verhaltens beim Sicherheits-Check auffällig geworden war. Der Patient schwitzt stark und hat geweitete Pupillen. Seine Vitalzeichen sind: Blutdruck 180/90 mmHg, Puls 124/min, Atemfrequenz 24/min und Temperatur 37,3° C (oral). In der Abbildung sehen Sie die angefertigte Abdomenübersichtsaufnahme.
Welche Maßnahme ist hier am geeignetsten?
a) Darmspülung mit Macrogol
b) chirurgisches Konsil
c) notfallmäßige Koloskopie
d) Aktivkohlebehandlung
Bild mit freundlicher Genehmigung von Kelly J, Corrigan M, Cahill RA, Redmond HP. Contemporary management of drug-packers. World J Emerg Surg 2007;2:9. PMID: 17448234

Antwort: b) chirurgisches Konsil
Die vorliegende Abbildung entlarvt den jungen Mann als Drogenkurier, der drogengefüllte Beutelchen verschluckt hat, um sie durch den Zoll zu schmuggeln (sog. Body Packer). Bei einem beschwerdefreien Drogenkurier kann eine Darmspülung mit Macrogol mit anschließender Röntgen- oder CT-Untersuchung durchgeführt werden, um zu sehen, ob alle Beutel ausgetrieben wurden[7]. Da der Patient jedoch Anzeichen für eine Intoxikation aufweist, die am ehesten auf Kokain zurückzuführen ist, wird die umgehende Hinzuziehung eines Chirurgen unerlässlich. Bei der Ruptur eines solchen Beutels stellen sich die Vergiftungserscheinungen und auch der Tod sehr schnell ein. Es sollten hier großzügig Benzodiazepine verabreicht werden[7], während der Patient für die sofortige Laparotomie vorbereitet wird.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Kelly J, Corrigan M, Cahill RA, Redmond HP

Vor Ihnen liegt ein 60-jähriger Mann, der über Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen klagt und ein leichtes Fieber aufweist. In der Vergangenheit hatte er solche Episoden öfters und jedes Mal seien die Beschwerden nach wenigen Tagen abgeklungen. Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine Druckschmerzhaftigkeit im linken unteren Quadranten ohne Abwehrspannung oder Loslassschmerz auf. Im Abdomen- und Becken-CT mit Kontrastmittel ließ sich die verantwortliche Anomalie nachweisen (Kreis).
Welche mögliche bedrohliche Komplikation ist am häufigsten mit diesem Prozess verbunden?
a) Fistelbildung
b) obere gastrointestinale Blutung
c) Kolonkarzinom
d) Pankreatitis
Bild mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Dr. James Heilman

Antwort: a) Fistelbildung
Der Patient leidet unter einer Divertikulitis. Im CT erkennt man eine Dichteanhebung des umgebenden subkutanen Fettgewebes (fat stranding), Divertikel und eine Verdickung der Darmwand (wie in der vorherigen Abbildung) [8]. Die Fistel- und die Abszessbildung sind häufige Komplikationen der Divertikulitis. Im Bariumkontrasteinlauf können die Fistelgänge nachweisbar sein: In der vorliegenden Abbildung erkennt man die kolovesikale Fistel an der Kontrastmittelfüllung der Blase (Pfeil). Patienten mit Fistelausbildung haben ein hohes Risiko für schwere Infektionen und müssen normalerweise operiert werden.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Sandor Joffe
In der Notaufnahme stellt sich ein 53-jähriger Mann vor, der seit 24 Stunden unter Bauchschmerzen mit drei Episoden von Übelkeit, Erbrechen und Durchfall leidet. Er beschreibt die Bauchschmerzen als intermittierend und krampfartig. Er hat keinen Appetit und war seit drei Tagen nicht mehr auf der Toilette. Zur Anamnese gibt er eine Cholezystektomie und eine Appendektomie an. Bei der körperlichen Untersuchung fallen metallisch klingende Darmgeräusche auf. Die Abbildung zeigt die daraufhin angefertigte Abdomenübersichtsaufnahme.
Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?
a) Pankreatitis
b) Gallensteinileus
c) Dünndarmverschluss
d) toxisches Megakolon
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ademola Adewale

Antwort: c) Dünndarmverschluss
Der häufigste Grund einer Dünndarmobstruktion ist die Verklebung von Darmschlingen nach einem bauchchirurgischen Eingriff. Andere häufige Ursachen sind eine inkarzerierte Hernie, maligne Prozesse, die Crohn-Krankheit, ein Gallensteinileus und die Strahlenenteritis [9]. Die Patienten klagen typischerweise über krampfartige und intermittierende Bauchschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. In der Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen oder in Seitenlage sind dilatierte Dünndarmschlingen mit Spiegelbildung sowie ein kollabierter distaler Dickdarm erkennbar [9]. Ein Adhäsions- oder Strangulationsileus (Pfeil) stellt einen chirurgischen Notfall dar, da die Mortalität ohne Behandlung sehr hoch ist.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ali Nawaz Khan
Ein 32-jähriger Mann kommt in die Notaufnahme und klagt über seit 10 Stunden anhaltende Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Zur Lokalisation gibt er ganz allgemein die periumbilikale Region an, doch hätten sich die Schmerzen zuletzt in den rechten unteren Quadranten verlagert. Bei der körperlichen Untersuchung des Abdomens fällt eine Druckschmerzhaftigkeit im rechten unteren Quadranten ohne Loslasschmerz oder unwillkürliche Abwehrspannung auf. Der Patient ist fieberfrei und auch die Leukozytenwerte sind normal. Die Abbildung zeigt das daraufhin angefertigte Bauch-CT unter oraler und i.v.-Kontrastmittelgabe.
Was ist die häufigste Komplikation dieses Zustandes?
a) Glomerulonephritis
b) entzündliche Darmerkrankung
c) Abszessbildung
d) Leberinsuffizienz
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Lutfi Incesu.

Antwort: c) Abszessbildung
Der Patient leidet unter einer Appendizitis, die gewöhnlich die Folge einer Obstruktion des Blinddarmes durch einen Kotstein ist [10]. Eine Obstruktion bei anhaltender Schleimsekretion erhöht den intraluminalen Druck, der möglicherweise auch den intravaskulären Druck übersteigt und zur Ischämie mit nachfolgender Darmperforation führen kann. Die anschließende lokale Entzündung des Peritoneums erzeugt die Schmerzen, die am McBurney-Punkt provozierbar sind. Im CT lässt sich der vergrößerte Appendix mit „Fat Stranding“ (siehe Dia Nr. 4) normalerweise leicht erkennen [11]. Wird eine Appendizitis diagnostiziert, ist die Appendektomie die logische Behandlung, da eine verzögerte Behandlung zur Ruptur und/oder zur Abszessbildung führen kann [10].
Bild mit freundlicher Genehmigung von Dr. Lutfi Incesu